Mögliche Überraschungen bei einer TV

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Moderator: Alfred_Hilbert

Theodor
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Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Theodor » 21.09.2024, 10:46

Guten Tag,
ich habe schon einiges über TV gelesen, aber immer wieder tauchen Detailfragen in der Berechnung und dem praktischen Vorgehen auf.

Der Fall: TV ist aufgrund Scheidung (noch nicht vollzogen) beantragt, beide Ehepartner sind Eigentümer zu je 50%.
Der VW liegt bei 300.000 Euro. Es ist eine nicht mehr valutierende GS i.H. von 60.000 Euro eingetragen, zzgl. Zinsen von 15 % und Nebenleistung von 10 %. Es gibt noch keine Minderanmeldung der Bank und erst recht keine Löschungbewilligung.

Beide wollen das Haus definitiv ersteigern und werden bis um den VW steigern. (Dritte sind natürlich möglich.)
Die Antragsgegnerin verzögerte immer wieder die TV. Erst ging es um das "gesamte Vermögen", dann um Terminausreizung und Verschiebung der Begutachtung, etc. Einer Löschung der Grundschuld vorab stimmt die AG nicht zu. Beide Parteien treten zur Versteigerung an.

Liege ich richtig mit folgenden Annahmen?

1) GG liegt bei 60.000 Euro GS + Gerichtskosten (1,5% von 300.000 Euro) 4.500 Euro + Gutachterkosten 4.000 Euro (vom Antragsteller AS vorausgelegt) = 68.500 Euro.
2) 5/10 liegt bei 30.000 Euro.
3) Für die Versteigerung wird ein Bankscheck als SL benötigt - 30.000 Euro.
4) Bei Zuschlag bei 300.000 Euro, hieße das Bargebot von 240.000 Euro
4a) Der Ersteher zahlt neben seiner SL noch 210.000 Euro, möglichst sofort, da sonst 4% Zinsen anfallen.
5) Davon werden 8.500 Euro vom Gericht eingezogen (4.500 Euro + 4.000 Euro), verbleiben 231.500 Euro (von 240.000 Euro abgezogen)
6) Die Bank bekommt davon 60.000 Euro, die an das Gericht gehen. und von diesem an die Bank weitergeleitet werden. Dazu - im Falle ohne Minderanmeldung - 15% für 1,5 Jahre (von Beschlagnahme bis Versteigerung), also 1,5 * 15% * 60.000 Euro = 13.500 Euro und Nebenleistung von 10 % (6000 Euro) - Es verbleiben (231.500 -13.500 - 6.000 Euro) = 212.000 Euro
7) Die Bank kehrt "alles" wieder aus, da die GS nicht valutiert. Sie zahlt also an die Alteigentümer zurück, sofern Einigkeit über die hälftige Verteilung bestünde, andernfalls an das Gericht zurück.
8 ) Das Gericht verteilt die 231.500 Euro (inkl. Bankgelder) auf die Alteigentümer AE. Der AS bekommt 4.000 Gutachterkosten "zurück". Die verbleibenden 227.500 werden (theoretisch) hälftig auf die AE verteilt - AG bekäme also 113.750 Euro, AS 117.750 Euro (inkl. Gutachterkosten)

a) Ich weiß, daß die AG den Teilungsplan bestreiten könnte, das Geld beim Gericht zinslos hinterlegt wird und auf Auszahlung geklagt werden müßte. Wer trägt die Kosten?
b) Welchen effektiven Vorteil hat die AG, wenn sie dem Verfahren beitreten würde?
c) Welche Anträge könnte die AG stellen, um das Verfahren zu ihren Gunsten zu beeinflussen , inkl. verzögern?
d) Sollte die AG nicht selbst ersteigern - bis wann muß sie das Haus räumen? Muß da wieder geklagt werden? wer trägt die Kosten?
e) Was könnte der AS tun, um das Verfahren reibungslos zu gestalten?

Ich weiß, das das sehr viel ist, aber je mehr man sich in die Materie vertieft, desto mehr Fragen tauchen auf.
Vielen Dank für die Antworten, ich weiß das zu schätzen.

Addi
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Re: Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Addi » 21.09.2024, 20:09

a) Ich weiß, daß die AG den Teilungsplan bestreiten könnte, das Geld beim Gericht zinslos hinterlegt wird und auf Auszahlung geklagt werden müßte. Wer trägt die Kosten?

Nun, mit der Hinterlegung ist die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts beendet. Die Zuständigkeit liegt nun allein bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts. Bei Klagen jeglicher Art ist zunächst der Kläger kostenvorschusspflichtig. Wer letztlich die Kosten zu tragen hat ergibt sich aus der Kostenentscheidung des angerufenen Gerichts.

b) Welchen effektiven Vorteil hat die AG, wenn sie dem Verfahren beitreten würde?

Die Stellung und Position im Verfahren ist dann gleichberechtigt.
Beispiel: betreibt nur der Antragsteller das Verfahren und ein bares Meistgebot eines Dritten oder des Antragsgegners passt dem Antragsteller nicht, kann dieser durch eine Einstellung vor Zuschlagserteilung diesen verhindern. Ist jedoch auch der Antragsgegners aktiv dem Verfahren beigetreten, würde eine alleinige Einstellung nur des Antragstellers ins „Leere“ gehen.


c) Welche Anträge könnte die AG stellen, um das Verfahren zu ihren Gunsten zu beeinflussen , inkl. verzögern?

Keine.


d) Sollte die AG nicht selbst ersteigern - bis wann muß sie das Haus räumen? Muß da wieder geklagt werden? wer trägt die Kosten?

Dies ist von den Parteien untereinander eigenständig zu regeln. Gegebenenfalls kann mit einer „vollstreckbaren Ausfertigung“ des Zuschlagbeschlusses die Zwangsräumung beantragt werden. Die Kosten trägt zunächst der Ersteher. Ob dieser diese von der zu räumenden Ex- Eigentümerpartei wieder zurück erhalten kann bleibt offen.


e) Was könnte der AS tun, um das Verfahren reibungslos zu gestalten?

Sich mit der Antragsgenerpartei über die Erlösverteilung zu einigen, damit eine Hinterlegung unterbleiben kann.

Theodor
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Re: Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Theodor » 24.09.2024, 17:26

Vielen Dank für die Antwort.
Kannst du bitte noch ergänzen, ob meine Zahlen, und damit die Berechnungswege, so stimmen wie aufgezeichnet oder ob sich ein gedanklicher Fehler eingeschlichen oder gar verfestigt hat.

Zweitens frage ich mich, wie lange beim Gericht hinterlegte Beträge verbleiben, wenn sich die Parteien über eine Auskehr nicht einigen können. Gerichtsverfahren diesbezüglich können Jahre dauern.

Ich habe von Möglichkeiten gehört, die Versteigerung zu verhindern, wenn der im Wohnhaus verbliebene Ex-Partner mit Kind im Haushalt lebt und über den Unterhalt gestritten wird.
Auf welcher rechtlichen Grundlage beruht dieser "Tipp"?

Vielen Dank und viele Grüße!

Addi
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Re: Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Addi » 25.09.2024, 15:56

Kannst du bitte noch ergänzen, ob meine Zahlen, und damit die Berechnungswege, so stimmen wie aufgezeichnet oder ob sich ein gedanklicher Fehler eingeschlichen oder gar verfestigt hat.

„Die Zahlen sehen soweit gut aus. Aber daran denken, dass sich die Wertgrenzen nach dem Verkehrswert richten und nicht nach dem Geringsten Gebot. Bei TVen kommt es somit häufig vor, dass das GG über dem VW liegt, da ja die bestehenbleibenden Rechte mit eingerechnet werden.“

Zweitens frage ich mich, wie lange beim Gericht hinterlegte Beträge verbleiben, wenn sich die Parteien über eine Auskehr nicht einigen können. Gerichtsverfahren diesbezüglich können Jahre dauern.

„ Da gibt es kein Zeitfenster. Nach 30 Jahren ohne Einigung verfällt der hinterlegte Betrag zu Gunsten der Justizkasse“

Ich habe von Möglichkeiten gehört, die Versteigerung zu verhindern, wenn der im Wohnhaus verbliebene Ex-Partner mit Kind im Haushalt lebt und über den Unterhalt gestritten wird.
Auf welcher rechtlichen Grundlage beruht dieser "Tipp"?

„Na ja, als Tip würde ich dies nicht bezeichnen. Es gibt immer die Möglichkeit des besonderen Vollstreckungsschutzes gem. § 765a ZPO, der eine gerichtliche Zwangsräumung unter Umständen aufschieben kann. Aber dies ist erst ein weiterer Schritt nach erfolgreicher Versteigerung mit Zuschlag. Von daher gilt es zunächst bitte erst einmal abwarten, wie das Verfahren weiter läuft bzw. Beendet wird.“

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Theodor
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Re: Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Theodor » 22.11.2024, 17:04

Hallo Addi,

mir drängt sich die Frage der Finanzierung auf:

Der Ersteigerer muß ja die gesamte Summe (ich gehe noch immer von 300.000 Euro aus) bezahlen, d.h. beim AG hinterlegen, auch wenn ihm die Hälfte des Hauses und damit ein Anteil genau dieses Betrages gehört.

Für die Finanzierung des Betrages ist ggf. ein Kredit erforderlich. Was aber sagt man der Bank, wann die Hälfte vom Verkäufer zurückgezahlt wird? Solche Kreditbedingungen sind esssentiell - ich kann sie aber nicht beantworten.

Ich weiß, es wird ein Teilungsplan erforderlich. Zuerst bekommt das Gericht aus dem Erlös seine Kosten, dann sollten die Kosten - die ich für den Gutachter ausgelegt habe - erstattet werden und der Rest sollte - sofern keine Rechnungen für wasauchimmer offen sind - auf die beiden Eigentümer aufgeteilt werden. Imho 50%. Was aber, wenn die Gegenseite das verhindert, indem sie utopische Forderungen stellt? Ich höre schon: "Du wolltest die TV, du zahlst die Gerichts- und Gutachterkosten selbst!" Wer entscheidet, ob diese Forderungen berechtigt sind?

Müssen Zinsen für den von der Gegenpartei mir geschuldeten Teilbetrag an mich gezahlt werden? Für die Finanzierung werden ja der Bank gegenüber auch Zinsen fällig.

Kurzfassung: Ich nehme von der Bank ein Darlehen i.H.v. 300.000 Euro, zahle Zinsen und warte darauf, daß ich irgendwann die ca. 150.000 (-x) aus dem Teilungsplan zurückerhalte? Wie lange? Ich kann doch nicht ewig auf meinen Anteil warten und derweil für etwa denselben Betrage Zinsen zahlen.

Ich habe etwas bange vor diesem Riesenberg Schulden, der durch Gerichts- und ggf. Anwaltskosten immer weiter steigen könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Theo

Addi
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Re: Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Addi » 22.11.2024, 22:14

Das sind zum größten Teil Fragen, die außerhalb eines Versteigerungsverfahrens liegen.
Sie sollten vorab ein Beratungsgespräch mit der Hausbank führen, die die Immobilie damals finanziert hat.
Diese kann Ihnen Auskunft darüber geben, wie es sich mit der nur noch zu. Teil valutierenden Grundschuld verhält und wie ein Meistgebot am besten zu finanzieren ist.

Theodor
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Re: Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Theodor » 28.11.2024, 09:28

Die Bank, die die Immobilie finanziert hat, hat wenig damit zu tun. Sie hat vor Jahren eine Löschungsbewilligung abgegeben, bislang aber auf Anfrage noch keine Minderanmeldung. Das Darlehen valutiert nicht mehr, es ist (samt Zinsen) vollständig zurückgezahlt worden
Mich drückt lediglich das Problem, daß durch unendliches Verzögern der Gegenpartei - insbesondere durch Nichteinwilligung in einen Teilungsplan - die Auszahlung des Übererlöses verzögert wird. Dann bekomme ich den Teil, den ich fionanzieren müsse $irgendwann ausbezahlt. Wo bekommt man (günstig) einen Kredit, dessen Rückzahlung $irgendwann erfolgt?

Ich habe die Idee, den Teilungsplan vorab mit der Gegenpartei zu vereinbaren. Wäre so eine Vereinbarung verbindlich? Wie müßte sie aussehen, was enthalten? Würde ein möglicherweise nach Versteigerung geäußerter anderslautender Wille diese Vereinbarung zunichte machen? Können in der Vereinbarung spätere einseitige Änderungen ausgeschlossen werden?

Vielen Dank für jede Antwort - das Thema ist wirklich nicht einfach und bietet immer neue Detailfragen.

Theo

Addi
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Re: Mögliche Überraschungen bei einer TV

Beitragvon Addi » 28.11.2024, 17:45

Vorab: Der Teilungsplan wird vom Vollstreckungsgericht aufgestellt und ausgeführt und nicht von den Beteiligten eines Verfahrens.
Ist die noch eingetragene Grundschuld zurückgezahlt und die Löschungsbewilligung ausgehändigt, handelt es sich bekanntlich um eine verdeckte Eigentümergrundschuld, die mit Löschungsantrag beider Eigentümer am besten vor dem Versteigerungstermin gelöscht wird, damit diese in der Versteigerung (Geringsten Gebot) gar nicht mehr berücksichtigt wird.
Finanziert werden muss ja für die Gebotsabgabe nur der bar zu zahlende Teil des GG. Soweit das bare Meistgebot nicht bis zum Verteilungstermin gezahlt wird, erfolgt ja eine Forderungsübertragung für beide ehemaligen Eigentümer durch Eintragung einer Sicherungshypothek. Die Vereinbarung über die Erlösverteilung kann dann als Verhandlungsbasis für die Erteilung einer Löschungsbewilligung dienen…..


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