Liebe Forumsteilnehmer,
ich interessiere mich für eine Zwangsversteigerungsimmobilie. Das Verfahren ist eine Teilungsversteigerung, die Immobilie ist bewohnt von zwei Parteien, die beide Miteigentümer sind und in der Immobilie wohnen bleiben möchten. Daher bin ich auf die externen Informationen (Gutachten, Grundbuch etc. angewiesen).
Das Problem ist, dass im Grundbuch zwei Grundschulden aus dem Jahr 2000 zu insgesamt 250 Tsd. EUR und 19% Zinssatz eingetragen sind. Nach meinem Verständnis wird - unabhängig vom Grad der Tilgung der zugrundeliegenden Kreditvereinbarungen - für das geringste Gebot der Verkehrswert (500 Tsd. EUR) um die Grundschulden inkl. nominalem Zinssatz, d.h. hier > 1 Mio. EUR, erhöht.
Wie kann in einem solchen Szenario ein Dritter überhaupt wettbewerbsfähig mitbieten? Für die Miteigentümer ergibt sich aus seinem eigenen Anteil jeweils zumindest zu 50% ein Rückfluss aus der Grundschuld? Könnt ihr mir hier helfen, ob ich etwas falsch verstanden habe bzw. wie in einem solchen Fall mögliche Lösungen-/Handlungsoptionen aussehen?
Beste Dank!
Jon
Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Moderator: Alfred_Hilbert
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Nein, so ist es nicht.
Die eingetragenen Grundschulden erhöhen nicht den Verkehrswert und auch nicht das Geringste Gebot.
Der Verkehrswert stellt lediglich eine Rechnungskomponente da, an der sich die 5/10 und 7/10 Grenze orientieren.
Die 7/10 Grenze spielt bei TVen in der Regel keine Rolle.
Maßgeblich ist das Geringste Gebot GG, welches sich auch dem bestehenbleibenden Teil und dem barzuzahlende Teil zusammensetzt.
Sind die eingetragenen Grundschulden nicht notleidend und werden mit Zins-und Tilgungsleistungen bedient, verzichten die Gläubiger i.d.R. auf die Geltendmachung von laufenden Zinsen.
Das GG würde sich in ihrem Fall wie folgt zusammensetzen:
Klasse 0: die Verfahrenskosten ca. 5.000,-€
Klassen 1-3: eventuelle rückständige und laufende Grundbesitzabgaben
Klasse 4: die 2 Grundschulden mit zusammen 250.000,-€
GG somit. Ca. 255.000,-€.
Gebote in dieser Höhe (also über 50% vom VW) sind somit zuschlagsfähig.
Die eingetragenen Grundschulden erhöhen nicht den Verkehrswert und auch nicht das Geringste Gebot.
Der Verkehrswert stellt lediglich eine Rechnungskomponente da, an der sich die 5/10 und 7/10 Grenze orientieren.
Die 7/10 Grenze spielt bei TVen in der Regel keine Rolle.
Maßgeblich ist das Geringste Gebot GG, welches sich auch dem bestehenbleibenden Teil und dem barzuzahlende Teil zusammensetzt.
Sind die eingetragenen Grundschulden nicht notleidend und werden mit Zins-und Tilgungsleistungen bedient, verzichten die Gläubiger i.d.R. auf die Geltendmachung von laufenden Zinsen.
Das GG würde sich in ihrem Fall wie folgt zusammensetzen:
Klasse 0: die Verfahrenskosten ca. 5.000,-€
Klassen 1-3: eventuelle rückständige und laufende Grundbesitzabgaben
Klasse 4: die 2 Grundschulden mit zusammen 250.000,-€
GG somit. Ca. 255.000,-€.
Gebote in dieser Höhe (also über 50% vom VW) sind somit zuschlagsfähig.
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Super, vielen Dank für die Erläuterungen!
Ist dann folgendes Verständnis richtig?
GG = 255 TEUR, d.h. in der Versteigerung wird mit einem Betrag von 255 TEUR gestartet, da Grundschuld übernommen wird/ inkludiert ist? In der Folge müssen Miteigentümer und dritte Bieter beide die Grundschulden "mitbieten" und sind daher ökonomisch "gleichberechtigt".
Technisch würde ich im Falle eines Zuschlags 250 TEUR an die Bank zahlen (5 TEUR Verfahrenskosten), welches von der Bank an die bisherigen Eigentümer überwiesen wird. Sollte der Ersteigerungspreis über 255 TEUR liegen, würde ich den Anteil über 255 TEUR direkt an die bisherigen Eigentümer überweisen.
VG
Jon
Ist dann folgendes Verständnis richtig?
GG = 255 TEUR, d.h. in der Versteigerung wird mit einem Betrag von 255 TEUR gestartet, da Grundschuld übernommen wird/ inkludiert ist? In der Folge müssen Miteigentümer und dritte Bieter beide die Grundschulden "mitbieten" und sind daher ökonomisch "gleichberechtigt".
Technisch würde ich im Falle eines Zuschlags 250 TEUR an die Bank zahlen (5 TEUR Verfahrenskosten), welches von der Bank an die bisherigen Eigentümer überwiesen wird. Sollte der Ersteigerungspreis über 255 TEUR liegen, würde ich den Anteil über 255 TEUR direkt an die bisherigen Eigentümer überweisen.
VG
Jon
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Nein, zu zahlen ist das Meistgebot ( 5.000,-€), als Barteil des GG an das Vollstreckungsgericht, welches diesen Betrag verteilt.
Der bestehenbleibende Teil des GG, bleibt wie der Name sagt zunächst bestehen. Wurden die Grundschulden nicht im Versteigerungstermin angemeldet und somit fällig gestellt ist von Ihnen zu klären an wen und in welcher Höhe diese gegenüber Dritten ( Gläubiger und vermutlich alte Eigentümergemeinschaft) auszugleichen sind.
Das aber geschieht außerhalb der Gerichtes.
Der bestehenbleibende Teil des GG, bleibt wie der Name sagt zunächst bestehen. Wurden die Grundschulden nicht im Versteigerungstermin angemeldet und somit fällig gestellt ist von Ihnen zu klären an wen und in welcher Höhe diese gegenüber Dritten ( Gläubiger und vermutlich alte Eigentümergemeinschaft) auszugleichen sind.
Das aber geschieht außerhalb der Gerichtes.
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Hinter der Grundschuld steht eine Sparkasse. Die derzeitigen Eigentümer wollen nicht an einen Dritten verkaufen, daher gibt es hier derzeit keine Kommunikation/ weiteren Informationen.
Ist es denn üblich die Grundschulden im Versteigerungstermin anzumelden oder nicht-anzumelden? Wird dann die Höhe + ggf. Zinsen im Versteigerungstermin vorab durch den Rechtspfleger bekanntgegeben? Oder müsste ich hier mit der Sparkasse vorab in Kontakt treten? Sorry, ich kann mir das gerade praktisch nicht so richtig vorstellen.
Danke!
Ist es denn üblich die Grundschulden im Versteigerungstermin anzumelden oder nicht-anzumelden? Wird dann die Höhe + ggf. Zinsen im Versteigerungstermin vorab durch den Rechtspfleger bekanntgegeben? Oder müsste ich hier mit der Sparkasse vorab in Kontakt treten? Sorry, ich kann mir das gerade praktisch nicht so richtig vorstellen.
Danke!
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Nein, die bestehenbleibenden Grundschulden müssen Nicht bis zum Versteigerungstermin angemeldet werden, erfolgt auch häufig dann nicht, wenn Zins-und Tilgungsleistungen laufend gezahlt werden. Der nicht mehr valutierende Teil der Grundschulden ist i.d.R. „verdeckte Eigentümergrundschuld“ und gegenüber diesen auszugleichen.
Aber....welche Intention steckt den hinter der TV, wenn einer der beiden Miteigentümer die TV betreibt, selbst in dem Objekt wohnt und kein Dritter von außen die Immobilie ersteigern soll?
Das kann ja nur bedeuten, das beide Miteigentümerwechselseitigbieten, um selbst Alleineigentümer zu werden....
Aber....welche Intention steckt den hinter der TV, wenn einer der beiden Miteigentümer die TV betreibt, selbst in dem Objekt wohnt und kein Dritter von außen die Immobilie ersteigern soll?
Das kann ja nur bedeuten, das beide Miteigentümerwechselseitigbieten, um selbst Alleineigentümer zu werden....
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Da hast du Recht, ich gehe davon aus, dass beide Eigentümer mitbieten werden. Ich versuche gerade mir die Frage zu beantworten, ob ich aufgrund der Thematik mit der Grundschuld überhaupt eine Chance habe beide zu überbieten? Durch den nicht-mehr valutierenden Teil der Grundschulden bin ich ggü. den Mit-Eigentümern nach meinem Verständnis im Nachteil, da beide diesen Anteil wirtschaftlich nur zu 50% bezahlen müssen (und zwar jeweils für den anderen Miteigentümer), oder irre ich?
Cheers
Jon
Cheers
Jon
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Ja, so ist es.
Letztlich muss ein Miteigentümer, der selbst in der TV das gesamte Objekt ersteigert nur den Anteil am Meistgebot erbringen, der rechnerisch dem anderen Teil aufgrund des Teilungsplanes des Gerichtes zukommt.
ABER:
Hier ist nicht der im Grundbuch eingetragene Bruchteil maßgebend. Vielmehr müssen sämtliche "alten" Eigentümer eine einvernehmliche Auszahlungsanordnung/Verteilungsanordnung treffen, die das Gericht übernehmen kann. Bestehen hier Differenzen, ist zunächst auch vom Ersteher (einer der alten Miteigentümer) das gesamte Bargebot zu erbringen (also ungekürzt), welches dann vom Gericht für sämtliche "alten Miteigentümer" bei Gericht hinterlegt wird.
In der Hinterlegung verbleibt das Meistgebot zuzüglich Zinsen vom Zuschlag bis einen Tag vor dem Verteilungstermin, bis sich alle ehemaligen Eigentümer auf eine Verteilung geeinigt haben oder ein entsprechendes Urteil des Prozeßgerichts vorgelegt wird.
Letztlich muss ein Miteigentümer, der selbst in der TV das gesamte Objekt ersteigert nur den Anteil am Meistgebot erbringen, der rechnerisch dem anderen Teil aufgrund des Teilungsplanes des Gerichtes zukommt.
ABER:
Hier ist nicht der im Grundbuch eingetragene Bruchteil maßgebend. Vielmehr müssen sämtliche "alten" Eigentümer eine einvernehmliche Auszahlungsanordnung/Verteilungsanordnung treffen, die das Gericht übernehmen kann. Bestehen hier Differenzen, ist zunächst auch vom Ersteher (einer der alten Miteigentümer) das gesamte Bargebot zu erbringen (also ungekürzt), welches dann vom Gericht für sämtliche "alten Miteigentümer" bei Gericht hinterlegt wird.
In der Hinterlegung verbleibt das Meistgebot zuzüglich Zinsen vom Zuschlag bis einen Tag vor dem Verteilungstermin, bis sich alle ehemaligen Eigentümer auf eine Verteilung geeinigt haben oder ein entsprechendes Urteil des Prozeßgerichts vorgelegt wird.
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Ok, danke!
Eine kurze Frage noch - wenn die Grundschuld nicht für den Prozess angemeldet wird, wie weiß der Erwerber denn (egal welcher) wie hoch der Zahlbetrag später an die Bank ist? Fragt das Gericht dies an? Oder kann man es bei der Bank anfragen?
Eine kurze Frage noch - wenn die Grundschuld nicht für den Prozess angemeldet wird, wie weiß der Erwerber denn (egal welcher) wie hoch der Zahlbetrag später an die Bank ist? Fragt das Gericht dies an? Oder kann man es bei der Bank anfragen?
Re: Teilungsversteigerung realistisch bei Grundschuld
Das Gericht ist da "Außen" vor.
Das Gericht hat lediglich die Versteigerung und gegebenenfalls die Verteilung/Hinterlegung vorzunehmen.
Wie, was und an wen bestehenbleibende Grundpfandrechte abzulösen sind erfolgt intern zwischen dem Ersteher und dem/n Grundpfandrechtsgläubiger/n....
Das Gericht hat lediglich die Versteigerung und gegebenenfalls die Verteilung/Hinterlegung vorzunehmen.
Wie, was und an wen bestehenbleibende Grundpfandrechte abzulösen sind erfolgt intern zwischen dem Ersteher und dem/n Grundpfandrechtsgläubiger/n....