Sanierungspflichten aus EnEV 2014 auch bei ersteigerten Immobilien?

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Lemmy
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Sanierungspflichten aus EnEV 2014 auch bei ersteigerten Immobilien?

Beitragvon Lemmy » 27.12.2019, 17:40

Hallo,
ich interessiere mich für eine Immobilie aus den frühen 70ern, die derzeit aber nicht von innen besichtigt werden kann. Abgesehen von den üblichen Risiken frage ich mich, inwieweit die Sanierungspflichten
im Rahmen der EnEV bei Gebäuden aus einer Zwangsversteigerung greifen, also Modernisierung der Heizung, Dämmung des obersten Geschoßes, Dämmung der Rohrleitungen usw.

Für Eigentümer, die schon vor Februar 2002 in einem von der Sanierungspflicht betroffenen Gebäude wohnen, gibt es eine Ausnahme. Bei Veräußerungen durch Kauf müsste der Käufer aber innerhalb von 2 Jahren dann die jeweiligen Sanierungen vornehmen oder mit Geldbußen rechnen.

Gilt dies auch im Falle eines Zuschlags im Rahmen einer Zwangsversteigerung? Ich finde leider nur Hinweise, dass die "Besitzübernahme durch einen hoheitlichen Akt" wie dem der Zwangsversteigerung von der Vorlage eines Energieausweises befreit, aber nicht, ob die EnEV-2-Jahresfrist dann für den erfolgreichen Bieter gilt.

Wäre dem so, müsste man aufgrund der unbekannten Situation vor Ort mit einem erheblichen Abschlag für ebendiese Modernisierungen rechnen. Freue mich über hilfreiche Antworten.

Addi
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Re: Sanierungspflichten aus EnEV 2014 auch bei ersteigerten Immobilien?

Beitragvon Addi » 27.12.2019, 18:39

§ 16aEnergieeinsparverordnung (EnEV)

Pflichtangaben in Immobilienanzeigen

§ 16a hat 1 frühere Fassung und wird in 4 Vorschriften zitiert

(1) 1Wird in Fällen des § 16 Absatz 2 Satz 1 vor dem Verkauf eine Immobilienanzeige in kommerziellen Medien aufgegeben und liegt zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vor, so hat der Verkäufer sicherzustellen, dass die Immobilienanzeige folgende Pflichtangaben enthält:

1.
die Art des Energieausweises: Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1,

2.
den im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude,

3.
die im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes,

4.
bei Wohngebäuden das im Energieausweis genannte Baujahr und

5.
bei Wohngebäuden die im Energieausweis genannte Energieeffizienzklasse.

2Bei Nichtwohngebäuden ist bei Energiebedarfs- und bei Energieverbrauchsausweisen als Pflichtangabe nach Satz 1 Nummer 2 der Endenergiebedarf oder Endenergieverbrauch sowohl für Wärme als auch für Strom jeweils getrennt aufzuführen.

(2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden auf den Vermieter, Verpächter und Leasinggeber bei Immobilienanzeigen zur Vermietung, Verpachtung oder zum Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Nutzungseinheit.

(3) Bei Energieausweisen, die nach dem 30. September 2007 und vor dem 1. Mai 2014 ausgestellt worden sind, und bei Energieausweisen nach § 29 Absatz 1 sind die Pflichten der Absätze 1 und 2 nach Maßgabe des § 29 Absatz 2 und 3 zu erfüllen.


Text in der Fassung des Artikels 1 Zweite Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung V. v. 18. November 2013 BGBl. I S. 3951 m.W.v. 1. Mai 2014




Gilt dies auch im Falle eines Zuschlags im Rahmen einer Zwangsversteigerung?
Sind wir jetzt gem. § 16 a EnEV doch gezwungen, Engergiekennwerte in den Immobilienanzeigen zu veröffentlichen?


Nein.

§ 16 a Abs. 1 Satz 1 EnEV:

Wird in Fällen des § 16 Absatz 2 Satz 1 vor dem Verkauf eine Immobilienanzeige in kommerziellen Medien aufgegeben und liegt zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vor, so hat der Verkäufer sicherzustellen, dass die Immobilienanzeige folgende Pflichtangaben enthält:.........

Das Vollstreckungsgericht verkauft ja nicht, wie sie richtig festgestellt haben. Die Zwangsversteigerung ist kein Verkauf.

§ 16 a Abs. 2 EnEV:

Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden auf den Vermieter, Verpächter und Leasinggeber bei Immobilienanzeigen zur Vermietung, Verpachtung oder zum Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Nutzungseinheit.

Das Vollstreckungsgericht ist kein Vermieter, Verpächter und Leasinggeber und Zwangsversteigerung kann nicht mit Vermietung, Verpachtung, Verleasung gleichgesetzt werden.

Lemmy
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Re: Sanierungspflichten aus EnEV 2014 auch bei ersteigerten Immobilien?

Beitragvon Lemmy » 27.12.2019, 19:52

Danke für die rasche Antwort. Diese beschäftigt sich aber doch nur mit dem Energieausweis, der mich in diesem Zusammenhang weniger interessiert.

Daher nachfolgend §10, der mir weitaus mehr Sorgen bereitet. Hier wird in (4) eine Ausnahme erteilt, die von der Wohndauer des Eigentümers abhängt. Im Falle eines Eigentümerwechsels nach dem 1. Februar 2002 müssen die Nachrüstungsanforderungen vom neuen Eigentümer erfüllen werden.

Die Frage bleibt, ob bei Eigentumsübergang mittels Zwangsversteigerung diese Ausnahme bestehen bleibt. Es geht auch gar nicht darum, wie sinnhaftig es wäre, derart alte Anlagen weiter zu betreiben. Aber die enge Frist von 2 Jahren nebst den Investitionskosten ist aus meiner Sicht nicht zu vernachlässigen.


EnEV 2014, § 10 Nachrüstung bei Anlagen und Gebäuden

(1)
Eigentümer von Gebäuden dürfen Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden und vor dem 1. Oktober 1978 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nicht mehr betreiben. Eigentümer von Gebäuden dürfen Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden und vor dem 1. Januar 1985 eingebaut oder aufgestellt worden sind, ab 2015 nicht mehr betreiben. Eigentümer von Gebäuden dürfen Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden und nach dem 1. Januar 1985 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nach Ablauf von 30 Jahren nicht mehr betreiben. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn die vorhandenen Heizkessel Niedertemperatur-Heizkessel oder Brennwertkessel sind, sowie auf heizungstechnische Anlagen, deren Nennleistung weniger als vier Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt beträgt, und auf Heizkessel nach § 13 Absatz 3 Nummer 2 bis 4.

(2)
Eigentümer von Gebäuden müssen dafür sorgen, dass bei heizungstechnischen Anlagen bisher ungedämmte, zugängliche Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen sowie Armaturen, die sich nicht in beheizten Räumen befinden, nach Anlage 5 zur Begrenzung der Wärmeabgabe gedämmt sind.

(3)
Eigentümer von Wohngebäuden sowie von Nichtwohngebäuden, die nach ihrer Zweckbestimmung jährlich mindestens vier Monate und auf Innentemperaturen von mindestens 19 Grad Celsius beheizt werden, müssen dafür sorgen, dass zugängliche Decken beheizter Räume zum unbeheizten Dachraum (oberste Geschossdecken), die nicht die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 erfüllen, nach dem 31. Dezember 2015 so gedämmt sind, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der obersten Geschossdecke 0,24 Watt/(m²K) nicht überschreitet. Die Pflicht nach Satz 1 gilt als erfüllt, wenn anstelle der obersten Geschossdecke das darüberliegende Dach entsprechend gedämmt ist oder den Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 genügt. Bei Maßnahmen zur Dämmung nach den Sätzen 1 und 2 in Deckenzwischenräumen oder Sparrenzwischenräumen ist Anlage 3 Nummer 4 Satz 4 und 6 entsprechend anzuwenden.

(4)
Bei Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Eigentümer eine Wohnung am 1. Februar 2002 selbst bewohnt hat, sind die Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3 erst im Falle eines Eigentümerwechsels nach dem 1. Februar 2002 von dem neuen Eigentümer zu erfüllen. Die Frist zur Pflichterfüllung beträgt zwei Jahre ab dem ersten Eigentumsübergang.

(5)
Die Absätze 2 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit die für die Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können.

Addi
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Re: Sanierungspflichten aus EnEV 2014 auch bei ersteigerten Immobilien?

Beitragvon Addi » 28.12.2019, 10:50

.....
Da hier von „generellen“ Eigentumswechsel“ die Rede ist, stellt sich im Grunde nicht die Frage, ob dies auch im Fall des Eigentumswechsels durch den Zuschlagsbeschluss in einer ZV gilt.
Eine Unterscheidung im Falle eine ETWechsels durch Verkauf oder ZV hat der Gesetzgeber bewußt nicht vorgenommen.
Wird eine ältere Immobilie erworben macht es Sinn auch die Heizungsanlage gegebenenfalls auszutauschen.


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