Teilungsversteigerung - Zählen bestehen bleibende Rechte zu 7/10-Regel?

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Moderator: Alfred_Hilbert

rawasch
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Teilungsversteigerung - Zählen bestehen bleibende Rechte zu 7/10-Regel?

Beitragvon rawasch » 26.06.2019, 16:18

Hallo,

Wir haben Interesse an einem Objekt, das demnächst im Rahmen einer Teilungsversteigerung zur Auflösung der Gemeinschaft versteigert wird, mit folgenden (gerundeten) Eckdaten:

Verkehrswert laut Gutachten: 200.000€
Grundschuld: 125.000€ (lt. Auskunft des Gerichts, angeblich getilgt aber nicht ausgetragen)

Nach unserem Verständnis würde sich das geringste Gebot demnach wie folgt zusammensetzen:
125.000 Grundschuld (bestehen bleibende Rechte) + geschätzt 50.000 Mindestbargebot (Gebühren, laufende Zinsen)

Daraus schließen wir, dass das Haus generell noch ersteigerbar sein wird, solange man bereit ist Nahe am Verkehrswert zu zahlen. Also z.B. mit einem Bargebot von 65.000, welches dann zusammen mit der zu übernehmenden Grundschuld ein Gebot über der 7/10 Grenze ergibt (Insgesamt 190.000).

Wenn ich nicht etwas ganz falsch verstanden habe, werden ähnliche Fälle hier und auf anderen Quellen im Internet generell so dargestellt.

Die Frau vom zuständigem Amtsgericht, mit der ich 2 mal telefoniert habe, hat uns da allerdings anderes erzählt: Laut ihr wird die Grundschuld vom Gericht überhaupt nicht berücksichtigt und fließt nicht in das geringste Gebot ein. Die eventuelle Zahlung der Grundschuld sei nach der Auktion außergerichtlich zu klären meint sie.

Das würde das Ersteigern quasi unmöglich machen, denn man müsste mehr als 7/10 bar bieten und darauf dann noch die Grundschuld rechnen. Somit wird der Verkehrswert des Objekts überschritten.

Jetzt wollte ich als Laie ungern direkt einer Gerichtsmitarbeiterin widersprechen und wäre deshalb hier für jede Aufklärung oder Erläuterung dankbar! Die Frau ist wohl Telefonauskunft in der Abt. ZV und nicht die bearbeitende Rechtspflegerin. Diese wird das Geringste Gebot aber erst kurz vor dem Termin errechnen.

Zusammengefasst die Frage: Fließen bei der TV die bestehen bleibenden Rechte / Grundschulden immer in das mindeste Gebot ein und werden dann auch für das Erreichen der 7/10-Grenze berücksichtigt? Oder ist das nicht der Fall bzw. gibt es da Spielraum für die Gerichte, wie das gehandhabt wird?

Danke!

Addi
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Re: Teilungsversteigerung - Zählen bestehen bleibende Rechte zu 7/10-Regel?

Beitragvon Addi » 26.06.2019, 18:19

.....
Also eine verbindliche Auskunft sollte bei Gericht nur der oder die zuständige Rechtspfleger/in geben, welche den Fall bearbeitet. Es ist richtig, dass das Geringste Gebot erst im Termin bekannt gegeben wird, jedoch schon für den/die sachbearbeitende/n Rechtspfleger relativ früh bekannt ist, ob Rechte bestehen bleiben und mit zu übernehmen sind.
Beispiel:

Ist es wirklich so, dass bei der Berechnung des geringsten Gebots immer die volle Summe der Grundschuld (so denn als bestehenbleibendes Recht im Grundbuch eingetragen) berücksichtigt wird, auch wenn das Darlehen größtenteils getilgt wurde?
....
Ja, das gilt uneingeschränkt für alle Arten der Zwangsversteigerung, wenn ein Grund-pfandrecht ins Geringste Gebot fällt. In der Zwangsversteigerung gem. §§ 44 Abs.1 und 52 Abs.1 ZVG, bei der Teilungsversteigerung gem. § 182 ZVG.

Die bestehenbleibenden Grundpfandrechte werden mit der eingetragenen Valuta im Geringsten Gebot berücksichtigt.
Dies hängt bei Grundschulden mit der "Nichtakzessorität" von Forderung und Grundschuld zusammen, was sich wiederum aus den Vorschriften des 7.Abschnittes des BGB ergibt. Maßgeblich ist hier der § 1192 Abs.1 BGB
Durch die Zahlung(Tilgung) des Darlehens samt Zinsen erlischt in der Regel nur die Darlehensforderung nicht die im Grundbuch eingetragenen Grundschuld.
Diese bleibt somit in voller Höhe dinglich an dem Grundstück bestehen und ist im Geringsten Gebot auch so zu berücksichtigen.....
Wird diese dann im Wege der Teilungsversteigerung von dem „Ersteher“ (nicht Ersteigerer) übernommen und abgelöst, hat der damalige Sicherungsgeber ( alter Eigentümer) gegenüber dem Sicherungsnehmer ( Bank, Sparkasse) einen Anspruch aus den "Sicherungsabreden" des Darlehensvertrages auf Auskehrung des zuviel erhaltenen Geldbetrages....
Eine Doppelzahlung an die Bank erfolgt letztendlich nicht, der Ersteher wiederum hat unter den Bedingungen geboten dass das eingetragene Grundpfandrecht bestehen bleibt und das Grundstück ersteigert, und er somit auch den valutierenden Betrag zu zahlen hat.

Und, den Banken ist eine Teilungsversteigerung TV relativ egal weil:
a.
entweder sind die Darlehen schon getilgt und Löschungsbewilligungen erteilt, von denen die Eigentümer mangels Auffindbarkeit oder gemeinsamen Löschungsantrag keinen Gebrauch mehr machen...oder
b.
die Darlehenschuld regelmäßig durch Zahlungen bedient wird

durch das „Bestehen Bleiben“ dieser Rechte in der TV laufen diese auch nicht Gefahr einen finanziellen Verlust hinnehmen zu müssen.
Die Bank erhält nunmehr sogar den Vorteil, dass für die vertragliche Darlehensschuld nach wie vor die alten Eigentümer haften und für die eingetragene Grundschuld „der Ersteher“ in Anspruch genommen werden kann.

Hinsichtlich der 7/10 Grenze ist es im Grunde gleich ob ein Recht bestehen bleibt oder nicht, weil sie durch die Übernahme eines solchen Rechtes dieses letztlich ja auch ausgleichen müssen, so als wenn kein Recht bestehen bleibt und sie 70% bar entrichten müssen.

In der TV wirkt die 7/10 Grenze in der Regel nicht, weil die Grundpfandrechtsgläubiger nicht betroffen sind und auch nicht im Termin erscheinen werden und den alten Eigentümern kein Antragsrecht zusteht.

Ist es ein „interessantes Objekt“ mit hoher Nachfrage, stellt sich die Frage nach dem 5/10 oder 7/10 Geboten nicht, weil dieser mittlerweile alle über 100% vom Verkehrswert ausgeboten werden....

rawasch
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Re: Teilungsversteigerung - Zählen bestehen bleibende Rechte zu 7/10-Regel?

Beitragvon rawasch » 26.06.2019, 19:59

Hallo Addi,

danke für die Antwort! Dass bei interessanten Objekten keine Schnäppchen zu machen sind ist uns klar, und wir wären auch bereit ~ den Verkehrswert laut Gutachten zu bieten.

Die Frage war eigentlich, ob das überhaupt reichen könnte, um einen Zuschlag zu erhalten. Ich erläutere was ich meinte nochmal mit 2 Beispielen:

Fall A: Die Grundschuld zählt nicht zu der 7/10 Regel

Wir müssten deshalb 7/10 des Wertes in bar bieten, damit ein Zuschlag möglich ist und die 7/10 Regel erreicht wird (also 140.000). Dazu werden dann anschließend noch die Grundschulden von 125.000 addiert.

Der Mindestkaufpreis für einen Zuschlag wäre somit 275.000€ (Gebot 140.000 + 125.000 Grundschuld) und die Auktion damit uninteressant, da das bereits deutlich über dem Verkehrswert liegt.

Fall B: Die Grundschuld zählt zu der 7/10 Regel

Wir bieten nur 60.000 in bar und kommen zusammen mit der Grundschuld auf einen Kaufpreis von 185.000 (Gebot 60.000 + 125.000 Grundschuld), der über der 7/10 Regel aber noch unterhalb des Verkehrswertes liegt.

Ist Fall A oder B richtig?

Addi
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Re: Teilungsversteigerung - Zählen bestehen bleibende Rechte zu 7/10-Regel?

Beitragvon Addi » 27.06.2019, 08:08

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ganz klar Antwort B,
weil die eingetragene Grundschuld bestehen bleibt, und als sogenannte "verdeckte Eigentümergrundschuld" mit ins Geringste Gebot fällt und mit ausgeboten werden muss. Bei einem Bargebot von 60.000,-EUR haben sie dann richtigerweise 185.000,-EUR geboten, die auch letztlich zu zahlen sind. An wen spielt zunächst für die Gebotsabgabe, Berechnung des Geringsten Gebotes und Zuschlagserteilung KEINE Rolle.
Eine 7/10 Grenze gibt es nicht da die Eigentümer durch das bestehende Recht gedeckt sind und niemand beeinträchtigt wird im sinne von § 74 a ZVG.
Dennoch kann bei Geboten von 80.000,-EUR und mehr der Verkehrswert schnell erreicht und überboten werden,
aber das ist bei der heutigen Wirtschaftslage "normal" und von daher mit einzukalkulieren..
Also mutig voran im Termin...


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