Zwangsversteigerung und Wohnrecht

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Moderator: Alfred_Hilbert

bauenwir
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Zwangsversteigerung und Wohnrecht

Beitragvon bauenwir » 31.10.2017, 08:59

Hallo Forum,

ich hoffe uns kann jemand weiterhelfen.

Wir haben vor eine größere Summe zu verleihen. Sagen wir mal 150.000 € damit die Zahlen übersichtlich bleiben und möchte uns das grundbuchlich absichern lassen gegenüber des Eigentümers Herr Müller (Name fiktiv). Wir lassen uns hier direkt 175.000 € eintragen da eventuell noch eine Nachzahlung im Raum steht.

Im Moment ist es so, dass in Abteilung 2 ein Wohnrecht für Frau Schmitz eingetragen ist. Sie hat aber kein Nießbrauchrecht.

Wir müssten uns auf jeden Fall in Abteilung 3 den Vorrang für die Grundschuld gegenüber dem Wohnrecht eintragen lassen. Soweit ist das für uns klar. Uns ist aber nicht klar ob hier nur Herr Müller oder auch Frau Schmitz zustimmen müssen? (Frage 1)

Angenommen wir müssen die Zwangsversteigerung auslösen und wir lassen hierfür ein Verkehrswertgutachten erstellen. Frau Schmitz ist mittlerweile ins Pflegeheim gezogen und kann das Wohnrecht nicht mehr selbst ausüben.

Wenn jetzt das Gutachten einen Verkehrswert von 200.000 € ergibt, jemand bietet 190.000 € und die Restschuld von Herrn Müller gegenüber uns beträgt nur noch 145.000 €. (Eingetragene Grundschuld ist 175.000 €)

Was passiert mit der Restsumme? (Frage 2)
Müssen wir belegen das die Restschuld nur noch 145.000 € beträgt oder bekommen wir pauschal die 175.000 € auf Grund der eingetragenen Grundschuld? Was passiert mit den 15.000 € über unserer Grundschuld? Die verbleiben bei Gericht und werden dann an Herrn Müller ausbezahlt?

Sofern wir die Grundschuld (175.000 €) bekommen dann müssten wir unsere Restschuld 145.000 € abziehen und leiten die restliche Summe von 30.000 € an Herrn Müller weiter?

Oder verbleiben die 30.000 € ebenfalls bei Gericht und wird von dort an Herrn Müller ausbezahlt?

(Frage 3) Was passiert mit dem Wohnrecht?
Da es nach der Grundschuld eingetragen ist wird es gelöscht bei der Versteigerung?
Und der Betrag der über unserere Grundschuld hinausgeht wird zur Ablösung des Wohnrechts verwendet?


Das sind natürlich schon viele Fragen aber es geht noch weiter :).


Wenn wir jetzt als Gläubiger auf Grund des hohen Verkehrswertes bei der Versteigerung mitbieten und wir bekommen den Zuschlag bei 7/10 - sprich 140.000 € und die Restschuld beträgt wie oben beschrieben 145.000 €. Uns selbst werden wir ja kein Geld auszahlen müssen. Dann gehen wir einfach mit 5.000 € Verlust aus der Geschichte raus und fertig? (Frage 4) (und die ganzen Gebühren bleiben wohl bei uns hängen?)

Angenommen wir bieten mit und bekommen bei 150.000 € den Zuschlag. Die 5.000 € über unserer Restschuld werden wir ja auch nicht an uns auszahlen müssen. Das treibt nur die Gebühren für uns nach oben?

Über Hilfe freuen wir uns.

Grüße

Addi
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Re: Zwangsversteigerung und Wohnrecht

Beitragvon Addi » 31.10.2017, 13:06

(Frage 1)
Wir müssten uns auf jeden Fall in Abteilung 3 den Vorrang für die Grundschuld gegenüber dem Wohnrecht eintragen lassen. Soweit ist das für uns klar. Uns ist aber nicht klar ob hier nur Herr Müller oder auch Frau Schmitz zustimmen müssen?

Die Zustimmung der Rangänderung ist lediglich von der Wohnrechtsinhaberin Frau Schmitz in notarieller Form, sprich Beglaubigung der Unterschrift, zu bewilligen.
Wenn diese das Wohnrecht ohnehin nicht mehr ausübt, wäre es ratsam dieses direkt löschen zu lassen.

(Frage 2) Was passiert mit der Restsumme?
Müssen wir belegen das die Restschuld nur noch 145.000 € beträgt oder bekommen wir pauschal die 175.000 € auf Grund der eingetragenen Grundschuld? Was passiert mit den 15.000 € über unserer Grundschuld? Die verbleiben bei Gericht und werden dann an Herrn Müller ausbezahlt?


Die Grundschuld ist nicht akzessorisch von der Forderung, anders wie bei einer Hypothek. Infolgedessen wird an der Rangstelle der Grundschuld der eingetragene Nominalbetrag berücksichtigt und ausgekehrt. Sollten sie jedoch vorab die Teillöschung oder den Verzicht hinsichtlich der 30.000,-€ erklärt haben und dies ist im Grundbuch eingetragen, oder sie erklären dies erst nach Zuschlagserteilung gegenüber dem Gericht, werden die 30.000,-€, wie auch ein eventueller Erlösüberschuss an den Grundstückseigentümer ausgekehrt. Das Gericht erhält lediglich Gebühren nach dem Verkehrswert bzw. dem Erlös, nie eine Restgeldsumme.
Sollte die volle Summe an Sie ausgekehrt werden, hat Herr Müller aufgrund der Sicherungsabreden des Darlehensvertrages einen Anspruch auf Rückgewähr der bereits gezahlten 30.000,-€ gegen Sie.

(Frage 3) Was passiert mit dem Wohnrecht?
Da es nach der Grundschuld eingetragen ist wird es gelöscht bei der Versteigerung?
Und der Betrag der über unserere Grundschuld hinausgeht wird zur Ablösung des Wohnrechts verwendet?


Das Wohnrecht erlischt als nachrangiges Recht. Sollte die Berechtigte einen Ersatzbetrag hierfür angemeldet haben, wird dieser rechnerisch ausgekehrt. Ohne Anmeldung geht diese leer aus.

(Frage 4)
Wenn wir jetzt als Gläubiger auf Grund des hohen Verkehrswertes bei der Versteigerung mitbieten und wir bekommen den Zuschlag bei 7/10 - sprich 140.000 € und die Restschuld beträgt wie oben beschrieben 145.000 €. Uns selbst werden wir ja kein Geld auszahlen müssen. Dann gehen wir einfach mit 5.000 € Verlust aus der Geschichte raus und fertig? (und die ganzen Gebühren bleiben wohl bei uns hängen?)

Da rechnen Sie aber falsch. Wenn der VW 200.000,-€ beträgt, Sie für 140.000,-€ den Zuschlag erhalten, machen Sie sogar einen Reingewinn von 60.000,-€ ! Die Differenz ist ja keine Luftnummer sondern eine wertmäßige und anrechenbare Größe.
Gebühren bleiben auch niemals beim Ersteher hängen, weil diese mit ins Geringste Gebot eingerechnet werden und aus dem Erlös vorab zu entrichten sind. Sie bieten 140.000,-€ und zahlen auch diesen Betrag zuzüglich 4% Zinsen p.a. vom Tag des Zuschlags bist 1 Tag vor der Verteilung ( ca. 6 Wochen) gem. § 49 Abs.2 ZVG.

(Frage 5)
Angenommen wir bieten mit und bekommen bei 150.000 € den Zuschlag. Die 5.000 € über unserer Restschuld werden wir ja auch nicht an uns auszahlen müssen. Das treibt nur die Gebühren für uns nach oben?

Die Gebühr für den Zuschlag zahlt der Ersteher (Wert: bares Meistgebot zuzüglich des Wertes der bestehenbeleibenden Rechte), vergleichbar mit den Gebühren bei einem Notar für den Abschluss eines notariellen Kaufvertrages.
Das Meistgebot zuzüglich 4% Zinsen p.a. vom Tag des Zuschlags bist 1 Tag vor der Verteilung ( ca. 6 Wochen) gem. § 49 Abs.2 ZVG zahlen Sie bis zum Verteilungstermin.
Hiervon werden vorab die Gerichtskosten rechnerisch abgezogen, gem. § 109 ZVG, sodann erfolgt die Zuteilung gem. des jeweilgen Ranges aus § 10 ZVG aufgrund des Teilungsplanes des Gerichts.
Für Zahlungsbeträge, die dann in der Verteilung selbst an Sie zugeteilt werden, kann von Ihnen vor bzw. spätestens im Verteilungstermin eine sogenannte "Befriedigungserklärung" abgegeben werden. Dies sollten Sie aber vorab mit dem zuständigen Rechtspfleger/in absprechen, um die genauen Betäge zu ermitteln...

bauenwir
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Re: Zwangsversteigerung und Wohnrecht

Beitragvon bauenwir » 03.11.2017, 14:26

Vielen Dank Addi! Vor allem für die Beantwortung am Feiertag!

DANKE DANKE DANKE

PS: Das Forum ist Goldwert mit den ganzen Beiträgen - auch wenn nicht sooo viel los ist :)


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