Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

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Moderator: Alfred_Hilbert

FluckJ
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Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon FluckJ » 08.05.2017, 18:54

Guten Tag,
in einem Wiederholungstermin bot ich für ein leerstehendes Gewerbeobjekt einer insolventen Firma, zu dem keine Wertgrenzen mehr bestanden. Das Verkehrswertgutachten ist meines Erachtens nicht mehr reell, weil bspw. die der Ertragswertermittlung zugrundeliegenden Büroflächen in den oberen Geschossen aufgrund brandschutzrechtlicher Bestimmungen ohne zweiten Rettungsweg (der über ein fremdes Grundstück angelegt wurde) gar nicht (mehr) vermietet werden dürfen. Jedenfalls beschränkte ich mich auf 16 % des Verkehrswertes und auch ein anderer Bieter ging nicht darüber. Der Zuschlag wurde ausgesetzt und ein Verkündigungstermin anberaumt. Die betreibende Bank äußerte sich dazu meines Wissens nicht mehr, legte demnach auch kein Veto gegen den Zuschlag ein. Doch das Amtsgericht argumentierte, man müsse wegen einer drohenden Verschleuderung des Grundbesitzes den Zuschlag versagen und hoffe auf ein besseres Ergebnis in einem letzten Termin. Ist das hinzunehmen bzw. wie wäre es mit der Einlegung eines Widerspruchs (Beschwerde) laut dem Rechtsbehelf im Versagungsbeschluss? Welches Kostenrisiko bestünde im Falle einer Niederlage oder zwischenzeitlichem Zurückziehen?
Danke vorab.

DrSchiwago
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Re: Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon DrSchiwago » 09.05.2017, 08:34

Soweit mir bekannt, hat man doch die Möglichkeit,
sofortige Zuschlagserteilung zu beantragen?
So steht es doch im ZV-Gesetz.
Dann ist Gläubiger usw. sofort im Zugzwang.

FluckJ
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Re: Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon FluckJ » 09.05.2017, 10:27

Danke für die Rückmeldung.
Im Versteigerungstermin wurde bereits klargestellt, dass noch kein Zuschlag erfolgen kann. Ich kann mich nicht an die Frage des Gerichts erinnern, ob meinerseits Zuschlagserteilung beantragt werden soll. Daneben äußerte auch der Bankvertreter zunächst, dass das Gebot zu niedrig sei. Bei einem zwischenzeitlichen Anruf meinerseits beim Gericht war die Rede davon, die Sache werde noch geprüft und es wurde angedeutet, dass ein betragliches Nachlegen in weiteren Verhandlungen mit dem Gläubiger die Angelegenheit positiv beeinflussen könnte. Dass eine solche Aussage zu einem freihändigen Agieren vom Gericht kommt hatte mich verwundert.

DrSchiwago
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Re: Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon DrSchiwago » 09.05.2017, 11:14

Nein.
SIE MÜSSEN SOFORTIGEN ZUSCHLAG BEANTRAGEN.
Das sagt einem keiner!!
So ist der Gläubiger im Zugzwang :lol:

FluckJ
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Re: Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon FluckJ » 09.05.2017, 11:28

Also lege ich Beschwerde ein und beantrage sofortigen Zuschlag, oder? Wie sollte diese begründet werden? Und können Sie auch etwas sagen zu meiner Frage, welches Kostenrisiko bestünde im Falle einer Niederlage oder zwischenzeitlichem Zurückziehen?

DrSchiwago
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Re: Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon DrSchiwago » 09.05.2017, 11:48

Nein gegen was Beschwerde?
Das ist gelaufen.
Hier Wikipedia:
Im Anschluss an die Bietzeit befragt das Vollstreckungsgericht die anwesenden Beteiligten, ob Anträge gestellt werden. Die betreibenden Gläubiger können auch in diesem Stadium – bis zur Verkündung des Zuschlages – die Einstellung des Verfahrens bewilligen;[11] der Schuldner kann auch jetzt noch Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO begehren. Ein Berechtigter, dessen Anspruch innerhalb der 7/10-Grenze liegt, kann die Versagung des Zuschlags beantragen, wenn das Bargebot einschließlich bestehen bleibender Rechte unter 7/10 des Verkehrswertes liegt.

Unter Berücksichtigung der Anträge verkündet das Gericht seine Entscheidung über den Zuschlag oder beraumt hierfür einen gesonderten Termin an, die sogenannte Zuschlagsaussetzung. In letzterem Fall bleibt der Meistbietende an sein Gebot gebunden. Da sich der Zustand des Versteigerungsobjekts jedoch in dieser Zeit zu seinem Nachteil ändern kann, kann er einer Zuschlagsaussetzung u.U. widersprechen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen muss das Vollstreckungsgericht eine Verschleuderung vermeiden. Liegt das Meistgebot unter ca. 3/10 des Verkehrswertes, wird das Vollstreckungsgericht daher in der Regel einen Zuschlagstermin anberaumen, um dem nicht anwesenden Vollstreckungsschuldner die Gelegenheit zu geben, Vollstreckungsschutzanträge zu stellen.[12]

Über die Erteilung oder Versagung des Zuschlags entscheidet das Vollstreckungsgericht durch Beschluss. Der Meistbietende, dem der Zuschlag erteilt worden ist, heißt Ersteher. Kein Zuschlag erfolgt unter anderem in folgenden Fällen:

Und ich bin kein Anwalt daher keine Gewähr!!!!!!!!!!!!!
Ich hatte das so gemacht und dann hat Gläubiger die Aussetzung beantragt um erneut in ZV zu gehen.
Hatte das nur gelesen und scheinbar stimmt es.

FluckJ
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Re: Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon FluckJ » 09.05.2017, 12:00

Danke zunächst nochmals für Ihre Mühe.
Wie zu Beginn geschrieben liegt bereits ein Beschluss zum Verkündungstermin vor, in dem das Rechtsmittel einer Beschwerde genannt ist.
Interessant ist freilich Ihr Text:
"Aus verfassungsrechtlichen Gründen muss das Vollstreckungsgericht eine Verschleuderung vermeiden. Liegt das Meistgebot unter ca. 3/10 des Verkehrswertes, wird das Vollstreckungsgericht daher in der Regel einen Zuschlagstermin anberaumen, um dem nicht anwesenden Vollstreckungsschuldner die Gelegenheit zu geben, Vollstreckungsschutzanträge zu stellen.[12]".
Woher haben Sie diese Erkenntnis insbes. zu der Betragsgröße?
So ist es ja bei mir gelaufen. Allerdings wurde der Vollstreckungsschulder meines Wissens nicht befragt. Wobei es sich hier um eine insolvente juristische Person handelt.

Addi
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Re: Verschleuderung von Amts wegen unterbinden?

Beitragvon Addi » 09.05.2017, 15:17

...
also zunächst der Hinweis..wir sind hier nicht bei Günther Jauch also nicht wer weiß irgendwas aus "Wikipedia"?

Dieses Forum wird professionell von Fachleuten betreut, welche kompetente Antworten geben ( siehe bisheriger Verlauf )
Wenn dies nicht sofort minutiös erfolgt, hat dies seinen Grund.
Eine Antwort auf die Ausgangsfrage erfolgt jedoch immer zeitnah.

Zur Ausgangsfrage:
Wie sie es schildern handelte es sich um den "fünften" und somit in diesem Verfahren letztmöglichen Versteigerungstermin.
Wird der Zuschlag hier erneut versagt, und dieser Beschluss erlangt Rechtskraft, so ist das gesamte Verfahren aufzuheben und nur auf Antrag der Gläubigerin kann ein ganz neues Verfahren mit neuem Verkehrswert und neuen Wertgrenzen in Gang gesetzt werden.
Nach Schluss der Bietungsstunde ist vom zuständigen Rechtspfleger/in bekanntzugeben, wer Meistbietender mit welchem Gebot geblieben ist.
Sodann hat diese/r laut und deutlich die Beteiligten zu fragen " Werden Erklärungen zum Zuschlag abgegeben".
Dies folgt aus §74 ZVG und gilt als Aufforderung gegebenenfalls Anträge zu stellen. Der Meistbietende kann hier beantragen, dass er sofortige Zuschlagserteilung wünscht. Gleichfalls kann der Gläubiger-Vertreter beantragen den Zuschlag aus den Gründen xy zu versagen, bzw. selbst eine Verfahrenseinstellung beantragen.
Der/Die zuständige Rechtspfleger/in hat sodann direkt im Termin über diese Anträge zu entscheiden.
Die Entscheidung ist dann unmittelbar bekanntzugeben/zu verkünden.
Der/Die Rechtspfleger/in muss dem Antrag n i c h t zwingend folgen.
Beispiel: betreibender Gläubiger und Meistbietender beantragen den Zuschlag sofort zu erteilen. Das Gebot beträgt zB. nur 19% vom Verkehrswert. Der/Die Rechtspfleger/in sehen hierin eine Verschleuderung folglich setzen diese einen separaten Verkündungstermin an und schreiben zeitgleich den Schuldner unter Bekanntgabe der Gebotshöhe an.
Dieser könnte einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO stellen.
Letztlich muss der /die zuständige Rechtspfleger/in in dem separaten Verkündungstermin seine Entscheidung im Beschluss begründen, ob er/sie den Zuschlag erteilt oder diesen auf das abgegebene Meistgebot versagt.
(im letzteren Fall -Versagung- erlangt dieser Beschluss nach Rechtskraft die Wirkung einer Verfahrenseinstellung oder Verfahrensaufhebung wenn bereits 2 x zuvor auf Gläubigerantrag eingestellt)
Hiergegen ist die "sofortige Beschwerde" eines Beschwerten möglich, die natürlich begründet sein muss.
Eine Beschwerdegebühr wird vom Landgericht erhoben, die m eist im unteren dreistelligen oder sogar zweistelligen Bereich liegt. Grundlage ist die Wertzumessung des Landgerichts für diese Entscheidung.

Zu Bedenken ist immer Folgendes:
Das Gericht- hier der/die Versteigerungsrechtspfleger/in wird auf Gläubigerantrag "hoheitlich" tätig und hat das Verfahren immer objektiv zu bearbeiten. Dies bedeutet, dass das Gericht nicht FÜR den Gläubiger arbeitet, also auch nicht die Interessen des Gläubigers vertritt. Ist ein Meistgebot aus Sicht des Gerichts zu gering, weil es eben einer "Verschleuderung" gleichkommt, so ist dies hinzunehmen, wenn ordentlich begründet, da ja auch die Höhe des Meistgebotes/Zuschlags darüber entscheidet, in welcher Höhe nicht nur der Gläubiger seine Forderung befriedigt bekommt, sondern auch inwieweit der alte Schuldner/Eigentümer von seiner Schuld befreit/entlastet wird.
Es ist von daher weder Schikane noch Willkür, wenn eine Zuschlagsversagung aus diesen Gründen erfolgt.
Von daher sollte sich jeder genau bewusst sein und beraten lassen, ob er eine Zuschlagsbeschwerde einlegt.


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