Bieter überbietet sich selbst!?

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Moderator: Alfred_Hilbert

Askania
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Bieter überbietet sich selbst!?

Beitragvon Askania » 24.08.2016, 18:33

Hallo Community,

ich habe heute erstmals an einer Zwangsversteigerung teilgenommen und bin leicht verwirrt aus der Versteigerung rausgegangen. Es ging um eine Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von 136000€. Das 1. Gebot eines Bieters betrug 100000€, also über der 7/10 Grenze. Es gab keine weiteren Gebote. Als das Gericht die Bietphase nach 30 min beenden wollte, erhöhte der Bieter sein Gebot nochmal, ohne erkennbaren Grund, auf 122400€ ( also genau 90% vom Verkehrswert).

Warum hat er, dass gemacht. Er hätte die Wohnung auch für 100000€ bekommen. Und warum hat er genau 90% des Verkehrswertes geboten. Gibt es da eine besondere Grenze?

Danke schon mal für eure Hilfe!

Addi
Beiträge: 1108
Registriert: 22.10.2014, 10:00

Re: Bieter überbietet sich selbst!?

Beitragvon Addi » 25.08.2016, 13:45

Hallo Michael,
Nein.., es gibt keine weiteren Wertgrenzen.
Letztlich entscheidet immer die Gläubiger Bank, zu welchem Betrag eine Immobilie versteigert und zugeschlagen werden kann. Unabhängig von allen Wertgrenzen.
Vermutlich ist der Bieter zwischenzeitlich mal aus dem Saal gegangen oder hat im Saal mit dem Gläubiger Vertreter gesprochen. Dieser wird dem Meistbietenden gesagt haben, dass in diesem Termin, die Wohnung nicht unter 90% vom Verkehrswert weggeht. Würde dieser Bieter der Einzige bleiben und keiner hätte diesen überboten, wäre davon auszugehen, dass der Vertreter der Gläubiger Bank im Termin oder nach Ende der Bietzeit die einstweilige Einstellung bewilligt hätte. Dies hätte dann zur Folge gehabt, dass das Gericht den Zuschlag auf das Meistgebot von 100.000,-EUR hätte versagen müssen.
Diese Vorgehensweise ist leicht zu erklären.
Zum Einen liegt das gewährte Darlehen, welches dem Grundpfandrecht zu Grunde liegt, häufig über dem Verkehrswert. Der damalige Erwerb der Immobilie ist meist immer höher gewesen, als der jetzt aktuell ermittelte Verkehrswert. Wenn das Darlehen dann innerhalb des 1. Festschreibungszykluses von i.d.R. meist 10 Jahren notleidend wird, gekündigt und fällig gestellt wird, hat der Schuldner/Eigentümer meist noch nicht viel von der Darlehensschuld getilgt. Folglich ist die noch ausstehende Restforderung der Bank höher als 5/10 oder 7/10 vom Verkehrswert.
Wenn die Bank diesen höheren Steigpreis fordert, ist dies auch aus Sicht des Schuldner/Eigentümers für beide vorteilhaft, weil die Restschuld höher getilgt und der Schuldner mehr bzw. höher entschuldet wird.
Wirtschaftliche Gesichtspunkte, die einem Meistbietenden zu einem günstigen Immobilienerwerb verhelfen sollen ist weder Aufgabe noch Ziel einer rechtsstaatlichen Versteigerung von Immobilien an den Amtsgerichten des Landes.


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