Zwangsversteigerung wegen Grundsteuerschulden

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Moderator: Alfred_Hilbert

Olympus
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Zwangsversteigerung wegen Grundsteuerschulden

Beitragvon Olympus » 21.08.2014, 08:29

Hallo, ich habe mal eine Frage an die Experten.
Angenommen ein Haus wird von der Stadt wegen nicht gezahlter Grundsteuern zwangsversteigert. Weitere Gläubiger treten diesem Verfahren bei.
Welchen Rang wird der Stadt in diesem Fall eingeräumt, bzw ist die Stadt sofort erstrangig betreibend obwohl sie nicht im Grundbuch steht?
Ist es in diesem Fall richtig dass alle Belastungen aus Abteilung 2 im Grundbuch automatisch wegen Nachrangigkeit gelöscht würden? (z.B. Bergschadenvollverzicht)
Ist es richtig das nachrangige Gläubiger keinen Einspruch erheben können falls die Stadt dem Zuschlag zwischen 50% und 70% im ersten Termin zustimmt?

Addi
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Registriert: 22.10.2014, 10:00

Re: Zwangsversteigerung wegen Grundsteuerschulden

Beitragvon Addi » 23.10.2014, 15:18

Nehme diese Fragen einmal auf.
zu 1.:
Grundbesitzabgaben einer Kommune sind "öffentliche Grundstückslasten" und fallen in die Rangklasse des § 10 Abs.1 Nr.3 ZVG. Damit sind diese bevorrechtigt vor Grundpfandrechten in Abteilung III des Grundbuches in der Rangklasse des § 10 Abs.1 Nr.4 ZVG.
Zu beachten ist noch, das aufgrund kommunaler Satzung auch Müllabfuhrgebühren und Straßenreinigungsgebühren oftmals unter diesen Bereich "Grundbesitzabgaben" fallen. Der reine Grundsteuerbetrag ist meist geringer.
Berücksichtigt werden im Geringsten Gebot gem. § 44 ZVG, die laufenden Grundbesitzabgaben sowie die bis zu 2 jährigen Rückstände ausgehend von der 1.Beschlagnahme des Objektes nach § 22 ZVG
zu 2.:
betrteibt die Kommune bestrangig das Verfahren wegen Grundbesitzabgaben aus der Rangklasse des § 10 Abs.1 Nr.3 ZVG, erlöschen grundsätzlich alle nachrangigen bestehendbleibenden Rechte aus den Abteilungen II und III des Grundbuches, weil diese im ZV-Verfahren den Rang aus § 10 Abs.1 Nr.4 ZVG einnehmen.

Achtung:
Der sachbearbeitende Rechtspfleger hat eine allseits sachdienliche Verfahrensdurchführung hinzuwirken und in dieser eine sogenannte "Prozessleitungspflicht" innerhalb derer er auch eine Belehrungspflicht wahrnehmen muß. Hierzu gehört auch der Hinweis an Berechtigte der erlöschenden Rechte in Abteilung II des Grundbuches, dass diese über § 59 ZVG einen Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen stellen können, wonach deren Rechte entgegen der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben sollen. Dieser Antrag kann formfrei gestellt werden und bedarf i.d.R. der Zustimmung der vorgehenden betreibenden Gläubiger, wie hier im Ausgangsfall der Kommune.

zu3.:
Ein Zustimmungserfordernis zu Geboten gleich welcher Art gibt es grundsätzlich nicht. Das Gericht fragt die Gläubiger nicht, ob der Zuschlag auf ein Gebot so erteilt werden darf oder nicht. Jedoch sind vor Erteilung eines Zuschlags die anwesenden Beteiligten im Termin zu hören und gegebenenfalls Zustimmungserklärungen nicht anwesender Beteiligter ( Erbbaurechtsausgeber, Wohnungsverwalter) einzuholen.
Grundsätzlich wäre somit eine Zuschlagserteilung bei 50% des Verkehrswertes bereits im ersten Termin möglich. Die Forderungen der Kommunen erreichen i.d.R. nie eine Höhe, die dieser auch ein Vetorecht gem. § 74a ZVG einräumen, welches mit einer Zuschlagsversagung bei Geboten unter 70% vom Verkehrswert münden würde.
Grundpfandrechtsgläubiger, die dieses Vetorecht ausüben können sollten und sind meist auch in den Versteigerungsterminen vertreten.
Eine Grundstücksverschgleuderung gerade im 1. Termin wird nicht erfolgen. Gegebenenfalls wird vom Rechtspfleger ein gesonderter Zuschlagsverkündungstermin anberaumt gem. § 87 ZVG.


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