Richtig, wenn es so einfach wäre den anderen Miteigentümer auszuhebeln, würde das Gericht welches die Teilungsversteigerung durchführt hierzu Mithilfe leisten, was der Gesetzgeber schon sehr früh unterbunden hat.
Vor allem dann, wenn der andere Teil ebenfalls der TV beitritt und somit zwei gleichberechtigte Antragsteller am Verfahren beteiligt sind.
Hier eine längere Abhandlung zu einem ähnlichen Fall.
Zu empfehlen ist hier der Ratgeber:
Storz/Kiderlen, Praxis der Teilungsversteigerung, 13. Aufl. 2021,
ZVG §§ 10, 44, 109 Abs. 2, 180, 182
Berücksichtigung einer Eigentümerbriefgrundschuld beim geringsten Gebot im Rahmen der Teilungsversteigerung
I. Sachverhalt
M und F sind Eigentümer eines Grundstücks. Die Teilungsversteigerung wurde von M beantragt. F hat sich dem Antrag angeschlossen. Die Anordnung der Teilungsversteigerung ist im Grundbuch eingetragen. F möchte nun an ihrem Miteigentumsanteil eine Eigentümerbriefgrundschuld eintragen lassen. Ihr Anwalt habe ihr dazu geraten, um auf diese Weise aus dem Versteigerungserlös vorrangig befriedigt zu werden.
II. Frage
Wird die Eigentümerbriefgrundschuld bei der Erlösverteilung vorrangig berücksichtigt (wie der Anwalt behauptet) oder fällt sie lediglich, wie § 182 ZVG regelt, ins geringste Gebot und ist vom Ersteigerer zu übernehmen?
III. Zur Rechtslage
1. Allgemein zur Teilungsversteigerung und Erlösverteilung
a) Teilungsversteigerung bei einer Miteigentümergemeinschaft
Miteigentümer eines Grundstücks bilden eine Gemeinschaft i. S. d. §§ 741 ff. BGB. Demnach kann jeder Teilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft gem. § 749 Abs. 1 BGB verlangen. Gem. § 180 ZVG finden bei einer Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts des ZVG insofern Anwendung, als die §§ 181-185 ZVG keine speziellen Regelungen treffen. Demnach gilt insbesondere § 182 ZVG zur Feststellung des geringsten Gebots.
b) Geringstes Gebot (§§ 182, 44 ZVG)
Das geringste Gebot ist in den §§ 44 ff. ZVG geregelt, auf die in § 180 ZVG verwiesen wird. § 182 ZVG regelt als spezielle Vorschrift insofern, welche Rechte als dem Auseinandersetzungsanspruch des Antragstellers vorgehend anzusehen und daher durch das geringste Gebot zu decken sind (Stöber/Kiderlen, ZVG, 22. Aufl. 2018, § 182 Rn. 1).
Das geringste Gebot (§ 44 ZVG) hat zur Folge, dass die Vollstreckungsversteigerung nur durchgeführt werden darf, wenn die Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) gesichert und all diejenigen Rechte und Ansprüche gewahrt bleiben, die dem Anspruch des bestrangig betreibenden Gläubigers vorgehen. Das bedeutet, dass diese Ansprüche ausgeboten und (später) zum Verteilungstermin „belegt“ werden müssen, und zwar entweder durch Zahlung (vgl. § 49 ZVG) oder indem bestehenbleibende Belastungen übernommen (vgl. § 52 ZVG) werden (hierzu Kindl/Meller-Hannich/Stumpe/Simon, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2021, § 44 ZVG Rn.
. Dies gilt auch im Bereich des § 182 ZVG, da auch insofern die Zwangsversteigerung vom Deckungsgrundsatz beherrscht wird (Stöber/Kiderlen, § 182 Rn. 2).
2. Niedrigstgebots-Lösung des BGH bei unterschiedlicher Anteilsbelastung
Stellen bei einer Bruchteilsgemeinschaft mehrere bzw. alle Miteigentümer den Antrag oder schließen sie sich diesem an, bereitet die Feststellung des geringsten Gebots Schwierigkeiten, wenn die Anteile ungleich belastet sind (dazu Stöber/Kiderlen, § 182 Rn. 29 ff.). Es wurden zahlreiche Auffassungen dazu vertreten, welche Regelungen in diesem Fall für die Feststellung des geringsten Gebots gelten.
Der BGH hat im Jahre 2016 den Streit für die Praxis zugunsten der sog. Niedrigstgebots-Lösung entschieden. Bei der Teilungsversteigerung eines Grundstücks mit unterschiedlich belasteten Miteigentumsanteilen auf Antrag mehrerer Teilhaber ist für die Feststellung des geringsten Gebots i. S. d. § 44 ZVG von dem Antragsteller auszugehen, dessen Anteil am geringsten belastet ist (BGH NJW 2017, 1756 Rn. 14 ff. m. w. N.; vgl. auch Böttcher/Böttcher, ZVG, 7. Aufl. 2022, § 182 Rn. 17; kritisch Schneider/Becker, ZVG, 2020, § 182 Rn. 45 ff.). Hiernach wird für jeden Antragsteller separat das geringste Gebot gem. § 182 ZVG ermittelt. Dem Versteigerungsverfahren wird sodann aber insgesamt dasjenige (geringste) Gebot zugrunde gelegt, das am niedrigsten ist (vgl. Böttcher, § 182 Rn. 15; Nickel, FPR 2013, 379, 375).
Die von F verfolgte Taktik wird in der Literatur vielfach beschrieben, insbesondere vor dem Hintergrund, die Zwangsversteigerung damit zu blockieren, dass der eigene Anteil hoch belastet wird, um das geringste Gebot so stark zu erhöhen, dass ein solches gar nicht mehr zustande kommt. Es war jedoch bereits vor der genannten BGH-Entscheidung anerkannt, dass eine solche Blockadetaktik im Ergebnis nicht erfolgreich sein darf (vgl. Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsvollstreckungsverfahrens, 13. Aufl. 2021, A.3.2.2 unter Ziff. 5. [S. 61] m. w. N.). Mit seiner Entscheidung hat der BGH dieser Taktik für den Fall mehrerer Antragsteller den Boden entzogen, da es auf den Anteil desjenigen Antragstellers ankommt, der am geringsten belastet ist.
In der genannten BGH-Entscheidung hatte eine Miteigentümerin ebenfalls – bereits während des Verfahrens – an ihrem Miteigentumsanteil eine Eigentümergrundschuld eintragen lassen. Diese Grundschuld wurde vom BGH bei der Feststellung des geringsten Gebots konsequenterweise nicht berücksichtigt, da auf den Anteil des Miteigentümers abzustellen war, der geringer – am geringsten – belastet war (NJW 2017, 1756 Rn. 25). Dies bedeutet letztlich, dass das Recht jedes Miteigentümers auf Aufhebung der Gemeinschaft höher eingestuft wird als der Deckungsgrundsatz – es kann mithin mit (finanziellen) Risiken verbunden sein, den eigenen Miteigentumsanteil hoch zu belasten (Storz/Kiderlen, A.3.2.2 unter Ziff. 5. [S. 62]), insbesondere wenn die Belastung zugunsten eines Dritten erfolgt.
Damit gilt zusammenfassend: Es ist bei der Teilungsversteigerung von dem antragstellenden Miteigentümer auszugehen, dessen Anteil am geringsten belastet ist, wenn die Anteile der Miteigentümer unterschiedlich hoch belastet sind und mehrere Miteigentümer den Antrag stellen. Dies ist hier – soweit ersichtlich – der M. Eine Problematik im Hinblick auf § 138 BGB aufgrund einer treuwidrigen Vereitelung der Teilungsversteigerung seitens der F kann sich daher nicht ergeben, da eine Eigentümergrundschuld unter den genannten Umständen gar nicht ins geringste Gebot fallen und damit erlöschen würde (dazu unter Ziff. 3.).
3. Weiteres Verfahren, Ausgleich
Auch im Rahmen des weiteren Verfahrens und insbesondere der Überschussverteilung bietet die Bestellung einer Eigentümergrundschuld seitens der F in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation keinen Vorteil.
a) Erlöschen der Grundschuld, Wertersatz
Rechte, die nach § 182 Abs. 1 ZVG im geringsten Gebot berücksichtigt sind, bleiben gem. § 52 Abs. 1 S. 1 ZVG bestehen; im Übrigen erlöschen die Rechte mit dem Zuschlag (§§ 52 Abs. 1 S. 2, 91 Abs. 1 ZVG). An ihre Stelle tritt grundsätzlich der Anspruch auf Wertersatz (§ 92 Abs. 1 ZVG; Surrogationsprinzip, vgl. Stöber/Gojowczyk, ZVG, 22. Aufl. 2018, § 52 Rn. 22). Die Grundschuld ist jedoch ohnehin ein „auf Kapitalzahlung“ gerichtetes Recht, welches keine Anwendungsschwierigkeiten begründet und bei dem es eines Rückgriffs auf § 92 Abs. 1 ZVG nicht bedarf (Stöber/Becker, § 92 Rn. 5).
Daher würde die Grundschuld der F an ihrem Miteigentumsanteil mit dem Zuschlag erlöschen (§§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 2, 44 Abs. 1, 182 Abs. 1 ZVG), sofern der Anteil des M geringer belastet ist und die Eigentümergrundschuld der F daher nicht in das geringste Gebot fällt. Es bestünde lediglich ein Anspruch auf Wertersatz (jedoch nur aus dem auf den entsprechenden Bruchteil entfallenden Teil des Versteigerungserlöses, dazu unten unter Ziff. 3. lit. c).
b) Keine Relevanz des § 182 Abs. 2 ZVG
Bei der Teilungsversteigerung zu beachten ist grundsätzlich auch § 182 Abs. 2 ZVG. Hiernach soll verhindert werden, dass derjenige Miteigentümer, dessen Anteil geringer belastet ist, einen Nachteil erleidet. Um entsprechende Nachteile zu verhindern, sind dem geringsten Gebot nach dieser Vorschrift die Beträge hinzuzurechnen, um welche die Belastung des am höchsten belasteten Anteils die Belastung der übrigen Anteile übersteigt (Schneider/Becker, § 182 Rn. 14; Böttcher, § 182 Rn. 7 ff.).
Die Norm des § 182 Abs. 2 ZVG kann aber bei mehreren Antragstellern, deren Anteile unterschiedlich hoch belastet sind, aufgrund der genannten BGH-Entscheidung keine Relevanz (mehr) aufweisen, da nach der Niedrigstgebots-Lösung die höhere Belastung für das geringste Gebot keine Rolle (mehr) spielt. Dies zeigt sich schon am Wortlaut der Vorschrift des § 182 Abs. 2 ZVG. Hiernach müsste bei einem Anteil im Rahmen des geringsten Gebots ein größerer Betrag als bei einem anderen Anteil zu berücksichtigen sein. Dies kann aufgrund der genannten BGH-Rechtsprechung für die hier vorliegende Konstellation nicht (mehr) von Relevanz sein (möglicherweise a. A. Storz/Kiderlen, A.3.2.2 unter Ziff. 5. [S. 62], wo im Anschluss an die Niedrigstgebots-Lösung die Norm des § 182 Abs. 2 ZVG dargestellt wird).
Die Vorschrift kommt daher vor allem zum Zuge, wenn lediglich ein Miteigentümer den Antrag stellt und an seinem Anteil eine größere Belastung besteht als bei dem/den anderen Anteil/Anteilen (vgl. dazu Schneider/Becker, § 182 Rn. 14 ff. sowie Böttcher, § 182 Rn. 7, jew. mit Bsp.).
c) Überschussverteilung
Im Termin für die Teilungsversteigerung werden die Verfahrenskosten festgestellt und vorweg aus dem Erlös entnommen (§§ 180 Abs. 1, 109 Abs. 1 ZVG). Der Überschuss wird dann gem. §§ 109 Abs. 2, 10 ZVG nach Rangklassen verteilt (Stöber, ZVG-Handbuch, 9. Aufl. 2010, Rn. 745).
Damit wird der Zweck der Teilungsversteigerung – die Vorbereitung der Auseinandersetzung – erreicht, da auf diesem Wege das unteilbare Grundstück in einen teilbaren Erlösüberschuss umgewandelt wird und dieser Erlösüberschuss für die Beteiligten an die Stelle der bisherigen Berechtigung am Grundstück tritt (Stöber, ZVG-Handbuch, Rn. 746; Storz/Kiderlen, E.4.1. [S. 710]: Versteigerungserlös und damit Teilungsmasse als Surrogat für das Grundstück). An ihm setzt sich die Gemeinschaft der bisherigen Grundstückseigentümer fort. Die durch den Zuschlag erloschenen Grundstücksrechte – damit auch eine Eigentümergrundschuld – bestehen als Vorzugsrechte an dem Versteigerungserlös fort, sie werden im Versteigerungstermin befriedigt, soweit der Erlös ausreicht (vgl. Storz/Kiderlen, E.4.1. [S. 710]; Kindl/Meller-Hannich/Stumpe/Simon, § 91 ZVG Rn. 6; Stöber, ZVG-Handbuch, Rn. 753a). Bei Eigentümergrundschulden ist ferner zu beachten, dass diese zwar von Amts wegen im Teilungsplan berücksichtigt werden, Zinsen aber gem. § 1197 Abs. 2 BGB nicht verlangt werden können (Storz/Kiderlen, E.5.2 [S. 720]; Böttcher, § 114 Rn. 23).
Da die Eigentümergrundschuld der F jedoch nur an ihrem Bruchteil des versteigerten Grundstücks lasten würde, würde ihr gegenüber auch nur ihr eigener Anteil am Versteigerungserlös haften (vgl. Stöber/Becker, § 92 Rn. 6; Stöber, ZVG-Handbuch, Rn. 754). Damit hätte die F nichts gewonnen, denn eine „vorrangige Befriedigung“ aus dem (gesamten) Versteigerungserlös gibt es nicht. Ihr bleibt als Miteigentümerin und Grundpfandrechtsgläubigerin nur der auf sie als Miteigentümerin entfallende Teil des Versteigerungserlöses, hier also der hälftige Teil. M hingegen erhält ebenfalls seinen hälftigen Anteil am Versteigerungserlös, sofern keine anderen als die im Sachverhalt geschilderten Belastungen bestehen.
4. Ergebnis
Eine Eigentümerbriefgrundschuld (nur) am eigenen Miteigentumsanteil fällt bei der Teilungsversteigerung – sofern der Anteil des ebenfalls antragstellenden Miteigentümers geringer belastet ist – weder in das geringste Gebot noch berechtigt sie zur vorrangigen Erlösverteilung. Es ist daher sogar mit gewissen finanziellen Risiken verbunden, den eigenen Miteigentumsanteil (hoch) zu belasten.