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TV nach Scheidung
Verfasst: 22.02.2022, 00:16
von Casi
Moin.
Ich wohne in Hannover und habe mich 2019 von meiner Frau getrennt. Wir besitzen zu 1/2 Teilen eine Immobilie in einem guten und gefragten Stadtteil (Zooviertel).
Ein offizielles Gutachten liegt (noch) nicht vor. Eine Werteinschätzung anhand von "Eckdaten" durch einen befreundeten Makler beliefen sich aber auf ca. 600-700.000 €.
Meine Ex ist leider jedoch nicht bereit, mich auszuzahlen und möchte "auf Teufel komm raus" dort wohnen bleiben. Angebote ihrerseits spotten jeder Beschreibung. Andere Möglichkeiten einer gütigen Einigung werden im Keim erstickt.
Nun wird es wohl zu einer TV hinauslaufen. Ich selber habe aber arge Bedenken, dass die Immobilie unter Wert verkauft wird und der mögliche Preis eines "normalen" Verkauf nicht erreicht wird.
Zumal ich bereits gehört habe, dass ein vom Gericht bestellter Gutachter die Immobilie um 20% niedriger bewertet, als ein "normaler" Makler? Stimmt das?
Und ist der ermittelte Verkehrswert auch das Anfangsgebot?
Bin da total unerfahren, googeln hat eher verwirrt und meine Anwältin kennt sich zwar prima mit der Einleitung des Verfahrens aus, konnte mir aber nicht sagen, wie aktuell Immobilien bei TV gehandelt werden. Das AG Hannover erlaubt derzeit auch nur Bietern und Betroffenen den Zutritt zum Saal. Konnte daher auch keiner TV beiwohnen.
Kann mir jemand aus Erfahrung sagen, wie derzeit Eigentumswohnungen in TV gehandelt werden?
Sollte Rückfragen bestehen, einfach nachfragen bitte.
Vielen Dank schonmal im Vorraus.
Re: TV nach Scheidung
Verfasst: 22.02.2022, 08:59
von Addi
...
zunächst,
hinsichtlich allgemeiner Fragen zur Durchführung und der Besonderheiten einer Teilungsversteigerung, verweise ich auf die hier bereits reichlich beantworteten Fragen zur TV.
Individuelle Fragen können natürlich gerne hier im Forum gestellt werden.
Zur Objekbewertung....
Wertermittlungen durch Makler wie diese derzeit aktiv im Fernsehen oder anderen Medien beworben werden sind eher mit Vorsicht zu sehen, da diese ehe oberflächlich aufgrund verschiedener Parameter erstellt werden und häufig nicht einer fachkundigen Grundlage entsprechen.
Der Makler hat immer das Ziel die Immobilie zu verwerten, auf Grund des selbst ermittelten Wertes, der wiederum Grundlage für dessen Vergütung darstellt.
Gerichtlich erteilte Wertgutachten -meist an öffentlich bestellte Gutachter- werden wertneutral und objektiv erstellt und zwar zu meist von fachkundigen Architekten und Dipl. Ingenieuren, die auch die Bausubstanz und Baumängel genau erkennen und bewerten können.
Da derzeit in fast allen gerichtlichen Versteigerungen Personen ihre Chance sehen Gelder wertsteigernd in Immobilien anzulegen werden die gerichtlich festgesetzten Verkehrswerte zuletzt sogar deutlich überschritten.
Schnäppchen sind somit kaum noch zu bekommen.
Die TV birgt somit für den Miteigentümer, der in dieser noch wohnt und dieser gerne erhalten möchte die große Gefahr, dass Außenstehende mehr bieten können, um diese selbst zu nutzen oder weiter zu veräußern.
Re: TV nach Scheidung
Verfasst: 22.02.2022, 09:53
von Casi
Hallo und vielen Dank für ihre schnelle Antwort.
Bzgl. Ablauf und Durchführung einer TV wurde ich von meiner Anwältin ganz gut aufgeklärt und habe mich selber (u.a. auch hier) informiert.
Mein Interesse lag eher darin begründet, zu erfahren, wie derzeit Immobilien bei TV gehandelt werden, da ich befürchte, dass meine/unsere Wohnung unter dem Verkehrswert versteigert wird.
Der befreundete Makler, der die Werteinschätzung durchführte, ist ein Bekannter von mir. Also nicht über "Homeday, McMakler", etc.
Ich habe ihm natürlich vorher alles über die Whg. mitgeteilt: Lage, Ausstattung, Substanz, Zustand, etc.
Ich selber wohne dort nicht mehr.
Ich habe nur Angst vor diesem "Restrisiko", dass die Wohnung unter Preis verkauft wird. Das wäre für mich eine finanzielle Katastrophe.
Und wie gesagt, meine Ex ist leider zu keinem vernünftigen Kompromiss bereit, so dass nur eine TV in Betracht kommt.
Re: TV nach Scheidung
Verfasst: 22.02.2022, 13:33
von Addi
gut,....
die Ängste kann ich Ihnen leider nicht nehmen.
wird die TV beantragt und angeordnet, wird soweit kein Einstellungsantrag vorliegt, zeitnah ein Verkehrswertgutachten in Auftrag gegeben. Wichtig ist hierbei, dass der /die Gutachter/in auch eine Innenbesichtigung vornehmen kann, um einen Wertabzug zu vermeiden. Hierzu erhalten alle Beteiligten (auch der eingetragene Grundpfandrechtsgläubiger) Gelegenheit sich zu äußern. Ist der Wert rechtskräftig festgesetzt, sollten Sie nochmals mit Ihrer Ex-Frau sprechen, um dann aufgrund des Wertes eventuell in neue Verhandlungen zu treten, und eine anderweitige Lösung zu finden. Eine Versteigerung, egal ob ZV oder TV ist immer die schlechteste Lösung.
Re: TV nach Scheidung
Verfasst: 21.04.2022, 18:47
von Nina_AG-RT
Vergessen Sie das getrost ganz schnell, also unsere letzten Versteigerungen waren stets (zum Teil weit, weit) über dem ermittelten Verkehswert des GA.
Ich habe bei den Terminen Menschen getroffen, die absolut bestürzt waren, da sie zum Teil vor vielen Jahren mal bei Versteigerungen waren und eigentlich der festen Überzeugung waren, man könne bei der gerichtlichen Versteigerung noch ein Schnäppchen machen...
Bei uns ist der Trend, dass seit ca. 2019 echt für alles horrende Preise gezahlt werden, insoweit hoffe ich, dass Sie das etwas beruhigt.
Re: TV nach Scheidung
Verfasst: 25.04.2022, 21:39
von KlausB
Hallo Casi, auch ich kann dir aus etlichen Versteigerungen bestätigen, daß der Zeit die versteigerten Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen weit über dem Verkehrswert erworben werden. In einem gefragten Stadtteil hätte ich keinerlei Bedenken. Die Vorbesitzer wundern sich über den unerwarteten Geldsegen. Mehrmals selbst erlebt. ABER. Vermutlich werdet ihr euch nach der Versteigerung um das viele Geld streiten. Denn bevor dessen Teilung nicht von beiden Parteien akzeptiert wird, gibt das Gericht den Erlös aus der Versteigerung nicht frei.
Der Ersteher kann deine Ex rausklagen und selbst einziehen. Jedoch wenn sie gnazig bleibt, seht ihr jahrelang beide kein Geld.
Re: TV nach Scheidung
Verfasst: 26.04.2022, 07:51
von Addi
....Der Ersteher kann deine Ex rausklagen und selbst einziehen. Jedoch wenn sie gnazig bleibt, seht ihr jahrelang beide kein Geld.....
Das ist so nicht richtig.
Wenn der "alte Eigentümer" die Immobilie bewohnt, bedarf es keiner Räumungsklage. Hier genügt die "vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses" gem. § 93 ZVG als Räumungstitel.
Hiermit kann der zuständige Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung beauftragt werden.
Aber Achtung.
Der GV wird einen Kostenvorschuss von ca. 3000,-€ aufwärts anfordern, der vom Ersteher vorab zu entrichten ist und zumeist nicht mehr von dem alten Eigentümer/Schuldner beigetrieben werden kann,