Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

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Moderator: Alfred_Hilbert

TMay
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Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

Beitragvon TMay » 28.09.2020, 19:51

Hallo zusammen,

im Zuge eines von mir eventuell zu ersteigernden Grundstücks hätte ich einzelne Fragen.

Bei uns in der Nähe werden Ende Oktober im Rahmen einer Teilungsversteigerung drei landwirtschaftliche Grundstücke versteigert. Hierbei handelt es sich um zwei zu vernachlässigenden Grundstücke und eines mit rund 1.2 Hektar, welches zu rund 4/5 im Flächennutzungsplan ist. Ich habe mich nun hinsichtlich des Grundstücks ein wenig bei der Gemeinde informiert und bin als ich mir das Grundstück besichtigte mit einzelnen ortsässigen Bewohnern ins Gespräche gekommen.

Auf Nachfrage bei der Gemeinde habe ich erfahren, dass bis vor einigen Jahren das ganze Grundstück im Flächennutzungsplan war und im Zuge einer anderweitigen Ausweitung Bauland eben rund 1/5 aus dem Flächennutzungsplan entfernt wurde. Nach weiterer "informeller" Auskunft ist es utopisch anzunehmen , dass in naher und auch ferner Zukunft hier Bauerwartungsland entsteht. Es ist wahrscheinlich das Zug um Zug der gesamte Flächennutzungsplan geändert wird und immer größere Teile des Grundstücks wohl wieder nur "landwirtschaftliche" Fläche sein werden. Dies, da eine Erschliessung beinahe unmöglich bzw. zu kostspielig ist. Auf eine Änderung des Flächennutzungsplan verzichtet man bisher, da dies die Gemeinde nur unnötige Kosten bescheren würde.
Auf meine Nachfrage ob dem Gutachter dies auch mitgeteilt wurde, war die Aussage lediglich, dass der Gutachter niemals bei der Gemeinde angefragt hat und sich wohl lediglich auf die publizierten Preise Flächennutzungsplan verlassen hatte und somit wohl auf einen Grundstückswert in Höhe von 110.000 Euro gekommen ist.

Meine Frage an sie ist, ob der Gutachter dies nicht auch berücksichtigen müsste? Genau für so etwas hat man ja einen Gutachter, sonst könnte der Rechtspfleger ja selbst unbebaute "landwirtschaftliche" Grundstücke schätzen.

Ebenso habe ich nach Einsicht in das Gutachten gesehen, dass die restlichen 1/5 als Ackerland eingestuft und entsprechend bewertet werden, obwohl hier definitiv eine bereits mind. 50 jährichge Streuobstwiese ist. Also gemäss Gesetzgebung in Baden-Württemberg Grünland, was eigentlich tiefer zu bewerten ist. Vor allem interessant ist, dass das Gutachten somit diesen Anteil definitiv falsch als Ackerland ausweist. Dabei wäre auch irrelevant wenn im Grundbuch dieses als Ackerland ausgewiesen wird. Tatsache ist das hier Grünland entstanden ist und für Ackerland "Umbruchsrechte" erworben werden müssten.

Hierzu wäre meine Frage ob hier der Wert ausschlaggebende ist, dies macht lediglich rund 3000 Euro aus oder ob man sagt das Gutachten ist eigentlich falsch? Nicht, dass jemand auf die Idee kommt deswegen die Versteigerung zu verschieben, anzuzweifeln oder ähnliches.

Gerade bei der Frage zum Flächennutzungsplan und etwaigen Änderungen könnte man auf die Idee kommen, dass diese Versteigerung letztenlich nur für die "Versteigerer" ein Gewinn sein wird und für den potentiellen "Ersteigerer" die sprichwörtliche Katze im Sack erworben wird und das böse Erwachen noch kommt. Einen Hinweis durch das Gericht kann ja nicht erfolgen, da es sich wohl auch auf das Gutachten verlässt.

Vielen Dank für Eure Antwort.

Grüße Thomas
Zuletzt geändert von TMay am 04.10.2020, 18:37, insgesamt 1-mal geändert.

Addi
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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht

Beitragvon Addi » 29.09.2020, 08:02

Nun, die Gerichte sind natürlich verpflichtet mit der Wertermittlung Gutachter zu beauftragen, die die entsprechende Qualifikation aufweisen und gegebenenfalls auch spezialisiert sind zur Bewertung der beschlagnahmten Grundstücke. Ob dies vorliegend der Fall ist oder nicht entzieht sich natürlich hiesiger Kenntnis.
Fakt ist jedoch, dass die bisherigen Eigentümer, welche die TV beantragt haben als auch die Antragsgegner im Verfahren, eigentlich ja auch über die Kenntnisse verfügen müssten, die Sie in Ihrem Statement angeführt haben. Die am Verfahren beteiligten Personen gem. § 9 ZVG erhalten das Gutachten zur Kenntnis und "Prüfung" und können Einwendungen hinsichtlich Inhalt und Bewertung erheben. Geschieht dies nicht, wird ein 1x festgesetzter Verkehrswert rechtskräftig.

TMay
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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht

Beitragvon TMay » 29.09.2020, 19:01

Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Dann schau ich mir das vielleicht mal an und sammle im ersten Termin Infos und gönne gegebenenfalls dem etwaigen Ersteigerer, falls er mindestens 5/10 bietet also 55.000 Euro, das Grundstück. Falls es niemand ersteigert, was ich nicht glaube, werde ich mich zum zweiten Termin begeben.

Ich gehe davon aus, dass sich niemand der Beteiligten gegen ein "gutes" Gutachten wehrt, da eine Teilungsversteigerung letztendlich ja nicht aufgehalten werden kann, ausser man würde sie noch innerhalb der Gemeinschaft einigen.

TMay
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Zusatzfragen

Beitragvon TMay » 04.10.2020, 18:46

Hallo nochmals,

ich hätte noch ein paar weitere Fragen.

Wenn mehrere Mitglieder einer Gemeinschaft die Teilungsversteigerung betreiben, z.B. durch Beitritt kann dann der Antragsteller oder ein "Beigetretener" die Teilungsversteigerung während des Termins abbrechen, falls nur er als Antragssteller/Beigetretener am Termin anwesend ist oder ist dies ausgeschlossen und es müssen alles zustimmen was in diesem Falle nicht möglich wäre?

Kann der Ersteigerer darum bitten den Zuschlagsbeschluss zu vertagen und wird diesem nachgekommen oder muss hierzu ein trifftiger Grund vorliegen? Falls dies formlos ohne bestimmten Grund möglich ist, wäre dann lediglich der Grund einer Zuschlagsverweigerung falls sich die betreibenden Alteigentümer einigen würden und das Verfahren abbrechen? Oder gibt es ncoh andere mögliche denkbare Gründe, dass letztendlich der Zuschlag verweigert werden könnte?

Grüße Thomas

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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

Beitragvon Addi » 04.10.2020, 19:42

Zunächst, ein „Ersteigerer“ heißt bei einer ZV Ersteher.....

Betreiben mehrere Mitglieder einer Gemeinschaft die TV und nur 1 Mitglied ist im Termin anwesend, kann dieser nicht alleine den Termin durch einen Einstellungsantrag abbrechen, da das Betreiben der anderen Mitglieder durch deren Abwesenheit nicht unterbrochen wird.....

Ist ein Meistgebot abgegeben auf das ein Zuschlag erteilt werden kann, hat der terminsleitende Rechtspfleger/in die Beteiligten und den Meistbietenden zu fragen ob „Erklärungen zum Zuschlag“ abgegeben werden. Wird der Antrag gestellt den Zuschlag erst in 1 Woche zu erteilen, so ist dies ausreichend zu begründen. Beispiel: Die Rechte aus dem Meistgebot sollen an einen Dritten abgetreten werden, der nicht anwesend ist.....

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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

Beitragvon TMay » 05.10.2020, 21:01

Vielen Dank für die Antworten, d.h. wenn man den Antrag stellt den Zuschlag erst wie gesagt in einer Woche zu erteilen, könnte der Ersteher, wie von Ihnen erwähnt die Rechte an einen Dritten abtreten, könnte aber auch die Rechte "teilen"? D.h. wenn beim Versteigerungstermin keine Vollmacht vorlag, nachträglich eine "Art" Erstehergemeinschaft bilden. Wäre dies dann noch eine Möglichkeit oder wird in diesem Fall der Rechtspfleger den Zuschlag sofort erteilen oder "muss" er dem Antrag stattgeben?

Vielen Dank nochmals für die immer ausführlichen Antworten.

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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

Beitragvon Addi » 06.10.2020, 07:58

….
diese Konstellation kommt selten vor, da dies in der Regel vorab mit dem Gericht abgesprochen wird. Denkbar ist jedoch eine solche Antragstellung. Ob die/der Rechtspfleger/in hierauf im Termin eingeht und einen gesonderten Zuschlagsverkündungstermin anberaumt kommt auf die Antragstellung und deren Begründung an.
Grundsätzlich ist der Zuschlag immer direkt im Termin zu erteilen... §§ 81 ff. ZVG.

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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

Beitragvon TMay » 12.10.2020, 10:07

Noch zwei Nachfragen.

Kann man hinsichtlich des Gutachtens im Versteigerungstermin Fragen stellen, z.B. warum die Gemeinde betreffend Flächennutzungsplan und etwaig zu erwartende Rückstufung zur landwirtschaftlichen Nutzfläche nicht durch den Gutachter angefragt wurde? Ich möchte den Versteigerern nicht ein gutes Geschäft vereiteln hätte aber grundsätzlich Interesse an dem Grundstück und aus meiner Sicht ist alles was über dem Wert für landwirtschaftliche Nutzfläche geboten wird einfach zuviel und einem wohlwollenden Gutachten für die Vertsteigerer zu verdanken.(auch informelle Aussage Gemeinde, da wie bereits in einer der ersten Anfragen geäussert, es utopisch ist, dass hier gebaut werden kann und es lediglich wohl eine Frage der Zeit ist bis die Fläche aus dem FNP wieder herausgenommen wird)

Die zweite Frage betrifft die Nutzung nach der Versteigerung. Einzelne Eigentümer haben mir auf Nachfrage erzählt, dass das Grundstück bis Ende 2030 landwirtschaftlich verpachtet (zwei Pachtverträge) ist. Die Pachtverträge sind übrigens auch nicht im Gutachten erwähnt, ich gehe davon aus, dass dies zumindest im Termin bekannt gegeben wird oder kann es sein, dass das Gericht gar nichts davon weiß? Gibt es nach einer Teilungsversteigerung die Möglichkeit diese Pachtverträge ausserordentlich zu kündigen? Ansonsten wäre die Fläche für jemanden wie mich sowieso nicht mehr interessant.

Addi
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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

Beitragvon Addi » 12.10.2020, 10:23

Wie schon gesagt, normalerweise hat ein Gutachter sämtlich erforderliche Angaben hinsichtlich Beschaffenheit, Güte, Nutzungsart bei landwirtschaftlichen Grundstücken, evt. Altlasten, Pacht-und Mietverträge zu ermitteln, gegebenenfalls auch zu bewerten damit diese in den Verkehrswert einmünden. Ist dies nicht geschehen, kann es daran liegen, dass der Auftrag nicht eindeutig bestimmt worden ist und/oder nicht der richtige Gutachter beauftragt worden ist. Dies zu rügen oder zu bemängeln steht jedoch allein den am Verfahren Beteiligten zu NICHT Bietinteressenten. Ist der Verkehrswert einmal rechtskräftig festgesetzt ist dieser für das Verfahren maßgeblich und unverrückbar. Darüber hinaus hat das Gericht auch kaum die Möglichkeit weitere externe Fragen, wie Sie diese angesprochen haben zu beantworten. Das Gericht hat lediglich den VW zu ermitteln und festzusetzen. Eigenschaften die nicht im Gutachten aufgeführt sind begründen auch keinerlei Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Gericht gem. § 56 ZVG.

Ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht hier gem. § 183 ZVG bei einer TV leider nicht.

TMay
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Re: Katze im Sack bzw. Hinweise durch Gericht, Zusatzfragen

Beitragvon TMay » 12.10.2020, 11:37

Danke, hinsichtlich des Sonderkündigungsrecht hätte ich nochmals eine Nachfrage.

Ich habe selbst vorhin im Internet recherchiert und dort findet man, dass gemäss §183 ZVG das Kündigungsrecht gemäss §57a bei einer Teilungsversteigerung ausgeschlossen ist. Auf welcher Basis kann man nach dem Zuschlag in einer Teilungsversteigerung die Pachtverträge ausserordentlich kündigen?


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