Ist die Höhe der bestehenbleibende Rechte wirklich identisch mit dem Grundbucheintrag

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Moderator: Alfred_Hilbert

elo_34
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Ist die Höhe der bestehenbleibende Rechte wirklich identisch mit dem Grundbucheintrag

Beitragvon elo_34 » 16.07.2020, 13:40

Hallo alle zusammen,

ich bin neu hier im Forum und habe eine spezielle Frage:

Ich bin als Bieter an einer bald zu versteigernden Immobilie interessiert. Der gutachterlich ermittelte Verkehrswert ist allerdings geringer als die bestehenbleibenden Rechte, die bereits in der ZV-Anzeige angegeben wurden ( Rang 2 - 5 Abtl. III). Der betreibende Gläubiger (öffentliches Amt) ist in Rang 8 Abtl. III eingetragen. Es handelt sich um den ersten Termin, die 7/10-Grenze besteht noch. Der Verkehrswert und die bestehenbleibenden Rechte sind nahezu identisch. (325 000 vs. 332 000). Da es sich um eine begehrte Lage handelt, würde ich aber (in der Summe mit den bestehenbleibenden Rechten und anderen Kosten) auch über Verkehrswert bieten.

Meine Frage: Müssen die bestehenbleibenden Rechte später immer in voller, angezeigte Höhe ausgelöst werden oder sind das nur entsprechend eingetragene, fiktive Titel im Grundbuch, die ursprünglich zur Absicherung einer Gesamtschuld eingetragen wurden? Die eingetragene Grundschuld verringert sich ja i.d.R. nicht kontinuierlich durch die konstante Tilgung eines entsprechenden Kredits sondern wird im besten Falle erst nach ihrer vollständigen Tilgung auf Antrag hin im Grundbuch gelöscht. Kann es also sein, dass die wahre Höhe der durch Zuschlag in der ZV übernommenen Schulden viel kleiner ist als die im Grundbuch jetzt noch eingetragenen bestehenbleibenden Rechte? Kann man ggf. schon vor Beginn einer ZV erfahren, wieviel Lasten vom Schuldner bereits getilgt wurden und wie hoch die sich daraus ergebene "Restlast" noch ist? Den Grundbuchauszug kann man sich ja schließlich auch im Vorfeld ansehen...

Mittlerweile habe ich durch die vielen im Forum stehenden, interessanten Fallbeispiele bereits die erläuternde Funktion des Rechtspflegers in einer ZV erkannt und bin sicher, dass dieser Fakt vielleicht in der ersten Phase einer ZV noch einmal genau erklärt werden würde. Mich interessiert aber, ob diese Frage schon VOR Beginn des eigentlichen Zwangsversteigerungstermins zu klären wäre. Das zuständige Amtsgericht der mich interessierenden Immobilie liegt nämlich sehr weit von meinem Wohnort entfernt an der Ostsee und vielleicht kann ich mir den Weg ja auch sparen...!

Vielen Dank und sorry, falls dies eine dumme Frage sein sollte ! Liebe Grüße aus Sachsen von Tino

Addi
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Re: Ist die Höhe der bestehenbleibende Rechte wirklich identisch mit dem Grundbucheintrag

Beitragvon Addi » 17.07.2020, 09:02

Guten Morgen Tino,
Zunächst, „Dumme Fragen“ gibt es nicht gerade im Bereich der ZV, ein sehr schwieriges und kompliziertes Verfahren...
Zu Ihren Fragen...
Wenn Rechte, Grundschulden, in Abteilung III des Grundbuchs bestehen bleiben und folglich mit zu übernehmen sind, so sind diese Grundschulden auch in voller Höhe zu übernehmen und letztlich auch in voller Höhe auszugleichen.
Eine Grundschuld ist „ forderungsunabhängig“ nicht akzessorisch und folgt nicht der zu Grunde liegenden Forderung des Darlehens, anders halt wie bei reinen Tilgungshypotheken.
Bei Grundschulden zahlt der Darlehensnehmer immer auf die zu Grunde liegende Forderung, die Grundschuld bleibt eigenständig als solche bestehen....
Der Ersteher einer ersteigerten Immobilie hat die Grundschuld in voller Höhe abzulösen, teils an die eingetragene Gläubigerbank und hinsichtlich des nicht mehr valutierenden Betrages an den alten Eigentümer....
Von daher ist eine weitere Info vor dem Termin unerheblich, wenn bekannt ist welche Rechte zu übernehmen sind....

elo_34
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Re: Ist die Höhe der bestehenbleibende Rechte wirklich identisch mit dem Grundbucheintrag

Beitragvon elo_34 » 17.07.2020, 12:40

Hallo Addi,

vielen Dank für die präzise und sehr konkrete Antwort auf meine Frage. Das hilft mir wirklich weiter und erspart einige Zusatzrecherchen zu bereits erfolgten Tilgungen.

Auch kann ich nunmehr bereits jetzt die abzusehende Höhe des Geringsten Gebotes schätzen, sie dürfte sich als Barzahlung auf die Forderungen des betreibenden Gläubigers (Schulden plus Zinsen) + Verfahrenskosten belaufen, wenn man bedenkt, dass die bestehenbleibenden Rechte höher sind als der derzeitige Verkehrswert der Immobilie. Als zusätzliche Kosten kämen dann noch Kosten für Grundbucheintragung und Grundsteuer hinzu sowie mgl.-weise Gebühren für einen Notar, der bei der Ablösung der eingetragenen Rechte behilflich ist.

Da ist es wirklich fraglich, ob man sich das antun sollte oder vielleicht neben den o.g. Beträgen auch noch die Kosten für eine Reise an die Ostsee spart....... :-)

Andererseits wird es Mitinteressenten ja ähnlich gehen und somit durch keiner groß bieten, was wiederum den Erwerb einer Immobilie an der Ostsee zu "erschwinglichen" Konditionen möglich machen könnte. Mal sehen...

Vielen Dank jedenfalls noch einmal für die aufschlussreiche Antwort !!! Mit freundlichen Grüßen Tino


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