Grundschuld - mal lastenfrei - mal Hypothekenlasten

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Moderator: Alfred_Hilbert

raum
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Grundschuld - mal lastenfrei - mal Hypothekenlasten

Beitragvon raum » 22.11.2023, 16:31

Hallo Addi,

vielen Dank für die zeitaufwändige Arbeit an diesem Forum!

Ich habe bereits ein paar ZV und TV besucht und konnte dadurch meine Unkenntnis verringern. Aber folgende Frage, die ich auch schon dem Gericht gestellt habe, konnte ich bis heute nicht so recht verstehen.

Es ist mir klar, dass entsprechende Darlegung zur Lastenfreiheit eines Objekts zu Beginn der Versteigerung erklärt wird. Zumindest wird klar gelegt, ob das Objekt lastenfrei ist oder mit welchen Hypotheken es belastet ist. Und letztlich muss man schließlich die Grundbuch-Belastungen zum Bargebot in Gedanken dazu zählen, um den realen finanziellen Aufwand zu erfahren, um nur mal bei Abteilung III zu bleiben.

Was ich nicht verstehe, ist eine ausgesprochene (und geltende) Lastenfreiheit bei einem Objekt, obwohl im Grundbuch Einträge zur Grundschuld verzeichnet sind.

Bin auf die Antwort sehr gespannt!

Liebe Grüße
raum

Addi
Beiträge: 1174
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Re: Grundschuld - mal lastenfrei - mal Hypothekenlasten

Beitragvon Addi » 23.11.2023, 08:52

Ausgangspunkt für die Aufstellung eines "Geringsten Gebotes" in einer ZwangsVersteigerung ist der § 10 ZVG in Verbindung mit § 44 ZVG.
Der § 10 ZVG unterteilt die Ansprüche unterschiedlicher Gläubiger in sogenannten Rangklassen. Je besser die Rangklasse (oder der eigene Anspruch in einer der Rangklassen), um so eher besthet eine Befriedigungsmöglichkeit aus dem Meistgebot.
Beispiel:
Klasse 0 = Verfahrenskosten, die sind immer vorne weg zu bedienen
Klasse 1: z.B. Vorschüsse eines Gläubigers in einer parallel laufenden Zwangsverwaltung oder aus einem
Insolvenzverfahren.
Klasse 2: Hausgeldansprüche bei Wohnungseigentum bis 5% vom VW bevorrechtigt.
Klasse 3: Grundbesitzabgaben (z.B. Grundsteuern, Straßenreinigung, Müllgebühren, Erschließungskosten)
Klasse 4: eingetragene Rechte im Grundbuch ( Grundpfandrechte wie Hypotheken und Grundschulden,
Sicherungshypotheken aber auch Erbbauzins, Wegerecht, Wohnrecht, Kanal-oder Leitungsrechte als
sogenannte Dienstbarkeiten). Hier bestimmt sich der Rang untereinander nach dem Datum der
Eintragung im Grundbuch.
Klasse 5: pesönliche Forderungen wegen der das Verfahren betrieben wird zB. aus Vollstreckungsbescheiden
oder Urteilen.

Ausgangspunkt für ein GG bestimmt § 44 ZVG:

(1) Bei der Versteigerung wird nur ein solches Gebot zugelassen, durch welches die dem Anspruch des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden (geringstes Gebot).

Das Gericht stellt einen Rangstatus auf zB.:

Verfahrenskosten = 4.500,-€
Grundbesitzabgaben der Stadt: 1.500,-€
II/1: Wegerecht für Nachbargrundstück
II/2: Kanalrecht für Stadtwerke
III/1: 150.000,-€ Buchgrundschuld für X
III/2: 50.000,-€ Briefhypothek für Y
III/3: 2.500,- € Sicherungshypothek für Z

Beispiel 1:
der Gläubiger III/1 betreibt bestrangig alleine:
dann erlöschen alles Rechte die diesem Recht nachgehen einschließlich III/1.

Beispiel 2:

nur III/3 betreibt alleine: dann bleiben alle Rechte die III/3 vorgehen im Grundbuch bestehen-ohne III/3.

Beispiel 3:
der Gläubiger III/1 betreibt und die Stadtkasse aus Rangklasse 3 wegen der 1.500,-€ Grundbesitzabgaben:
rechtlich erlöschen jetzt sämtliche Rechte im Grundbuch einschließlich II/1, II/2, III/1 bis III/3.
Um das zu verhindern kann III/1 die Stadt vor dem Termin ablösen. Diese nimmt den Antrag zurück, da befriedigt und III/1 betreibt wieder alleine bestrangig wie im Beispiel 1. (und erhält dazu die abgelösten 1.500,-€ an der Rangposition der Stadt )

Bei Teilungsversteigerungen verhält es sich anders.
Da fallen alle die Rechte ins GG, die den Antrag des Antragstellers belasten, mit belasten oder einem belasteten oder mitbelasteten Recht vorgehen oder gleichstehen.
Dies weiterführend zu erklären sprengt jedoch den Rahmen in diesem Forum

raum
Beiträge: 9
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Re: Grundschuld - mal lastenfrei - mal Hypothekenlasten

Beitragvon raum » 25.11.2023, 06:54

Wouwh!! :shock:

Vielen Dank für diese ausführliche und kompetente Antwort!
Man kann vermutlich davon ausgehen, dass alle Gläubiger über den Versteigerungstermin informiert werden und vor Beginn der eigentlichen Versteigerung weitere Rechte anmelden können. Dies fragt zumindest der Richter jeweils zu Beginn jeder Sitzung.

Jetzt passt das für mich zusammen.

Addi
Beiträge: 1174
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Re: Grundschuld - mal lastenfrei - mal Hypothekenlasten

Beitragvon Addi » 25.11.2023, 09:32

Als kleinen Hinweis:
Versteigerungstermine/Verfahren werden nur von Rechtspflegern bearbeitet und durchgeführt. Richter haben mit der Materie nichts zu tun, mit Ausnahme von Entscheidungen bei Beschwerden im laufenden Verfahren….


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