Meistbietender deutlich über 70% - Zuschlag ausgesetzt

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Moderator: Alfred_Hilbert

Neuling1
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Meistbietender deutlich über 70% - Zuschlag ausgesetzt

Beitragvon Neuling1 » 20.01.2016, 21:47

Hallo,

ich war am 19.1.15 Meistbietender für ein Haus mit einem Gebot von 78.000€. Der Verkehrswert betrug 84.114€.
Direkt im Anschluss an die Bietezeit beantragte der Anwalt der Gläubigerbank die Aussetzung des Zuschlags. Der Rechtspfleger stimmte zu und es wurde ein Verkündigungstermin für den 17.2.16 angesetzt.
Auf meine Nachfrage hin wurde mir als Begründung gesagt, dass die Gläubigerbank dieses Vorgehen im Vorfeld pauschal gewünscht hat, sofern das Meistgebot unter dem Verkehrswert liegt. (für ein vergleichbares Objekt derselben Gläubigerbank mit ähnlichem Verkehrswert wurde eine Woche zuvor für 91.000€ der Zuschlag erteilt)

Laut Aussage des Amtsgerichts muss ich nun bis zu diesem Termin abwarten und kann selbst keinen Einfluss nehmen.

In einem Telefonat mit der Gläubigerbank schilderte mir die zuständige SB dies ähnlich, zudem gab sie mir den Hinweis mir nicht zuviel Hoffnung auf den Zuschlag zu machen. Dies würden nun ihre Vorgesetzten entscheiden und es liegt nicht in meiner Hand.

Dazu habe ich jetzt folgende Fragen:

1. Ist dieses Vorgehen seitens der Gläubigerbank so überhaupt möglich und rechtlich abgesichert? Schließlich wurde die 7/10-Hürde deutlich überschritten mit etwa 93%.
2. Wie sollte ich mich jetzt verhalten? Abwarten oder in die Offensive gehen, ggf. sogar von mir aus anbieten das Gebot nachträglich auf den Verkehrswert zu erhöhen?

Ich bin an der Immobilie sehr interessiert und würde lieber notgedrungen den Verkehrswert bezahlen als das der Zuschlag versagt wird!

Noch ein paar Hintergrundinfos dazu:
Die Immobilie ist langjährig vermietet (mtl. Kaltmiete ca. 550€), d.h. sollte der Zuschlag verweigert werden würde die Gläubigerbank trotzdem Einnahmen generieren. Andererseits würde wieder einige Zeit vergehen bis die Bank die Immobilie anderweitig veräußern kann. Die Bank, welche die Zwangsversteigerung betreibt, veräußert auf diesem Weg insgesamt 8 Immobilien. Bis jetzt sind ohne meinen Fall 3 Immobilien im Schnitt mit 17 % über Verkehrwert veräußert und zugeteilt wurden. So wie es aussieht kann die Bank daher ihre Gesamtforderung wieder ausgleichen und es entsteht noch ein Überschuss, welchen nachrangige Gläubigerbanken bekommen werden. Wie sich diese dann verhalten werden ist ungewiss.

Addi
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Re: Meistbietender deutlich über 70% - Zuschlag ausgesetzt

Beitragvon Addi » 21.01.2016, 08:12

zu Ihren Fragen....

1. Ist dieses Vorgehen seitens der Gläubigerbank so überhaupt möglich und rechtlich abgesichert?
Schließlich wurde die 7/10-Hürde deutlich überschritten mit etwa 93%.

ja, alles ist rechtens, ein ganz normaler und alltäglicher Vorgang.....
Die betreibenden Gläubiger sind IMMER, Herr des Verfahrens und bestimmen das gesamte Verfahren.
Wenn die Gläubigerbank einen Erlös oberhalb des Verkehrswertes erwartet, weil dies bislang immer so gewesen ist, ist dies legitim und normal. Ist der Bank Ihr Gebot zu niedrig, kann diese VOR Zuschlagserteilung immer die einstweilige Verfahrenseinstellung bewilligen. Sollte wie vorliegend ein Meistgebot (von Ihnen) vorliegen, kommt nur die Versagung des Zuschlags auf Ihr Meistgebot in Frage, dessen Beschluss dann nach Rechtskraft eine einstweilige Verfahrenseinstellung bewirkt.

Im Termin hätten Sie bei der Frage " Werden Erklärungen zum Zuschlag abgegeben" beantragen sollen, den Zuschlag SOFORT zu erteilen. Es lag kein ausreichender Grund vor einen gesonderten Verkündungstermin zu bestimmen, weil Ihr abgegebenes Meistgebot über 7/10 vom VW lag. Dann hätte der Gläubigervertreter direkt und unmittelbar die Einstellung bewilligen können und das Meistgebot wäre sofort im Termin versagt worden.....
Der Schwebezustand soll der Bank ermöglichen zu prüfen, ob die Immobilie für Ihr Gebot zugeschlagen werden kann.


2. Wie sollte ich mich jetzt verhalten? Abwarten oder in die Offensive gehen, ggf. sogar von mir aus anbieten das Gebot nachträglich auf den Verkehrswert zu erhöhen?

Sie können nur abwarten was geschieht. Gebotserhöhungen "außerhalb" der Versteigerungstermins, als sogenannte "geheime Absprachen" sind generell unzulässig und bei Kenntnis durch das Gericht kann dies zur Zuschlagsversagung führen. Sie haben sich nichts vorzuwerfen und alles richtig gemacht... es bleibt abzuwarten.
Der Verkündungstermin hätte jedoch NIE für einen ganzen Monat ausgesetzt werden dürfen. Nach § 87 Abs.2 ZVG "soll" der Verkündungstermin nicht über eine Woche hinaus bestimmt werden.
Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn Genehmigungen einzuholen sind zB. bei Erbbaurechten. Es müssen also im Termin Gründe der Gläubigerbank vorgetragen worden sein, warum dies notwendig und erforderlich ist...
Ansonsten können Sie dann bei Zuschlagsversagung Rechtsmittel einlegen wegen eines formellen Fehlers

Neuling1
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Re: Meistbietender deutlich über 70% - Zuschlag ausgesetzt

Beitragvon Neuling1 » 21.01.2016, 16:20

Hallo Addi,

vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Leider wurde die Frage "Werden Erklärungen zum Zuschlag abgegeben" gar nicht gestellt und der Termin war nach Austausch der Kontaktdaten sofort beendet. In der Aufregung ist man da als Laie meiner Meinung nach auch überfordert...

Wenn ich nun notgedrungen abwarte und der Zuschlag versagt werden sollte: Gibt es keine Möglichkeit sich zusammen mit Gläubigerbank UND Amtsgericht zu einigen? Notfalls auf den Verkehrswert?

Auf 2-fache Nachfrage im Termin nannte der Vertreter der Gläubigerbank als Grund für die Aussetzung lediglich die Höhe des unter Verkehrswert liegenden Meistgebots. Es wurden keine weiteren Gründe angegeben. Könnte man durch die Einlegung von Rechtsmitteln gegen eine mögliche Zuschlagsversagung letztlich doch den Zuschlag erringen?

Addi
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Re: Meistbietender deutlich über 70% - Zuschlag ausgesetzt

Beitragvon Addi » 21.01.2016, 17:04

......
So wie Sie es schildern hat der zuständige Rechtspfleger vordergründig nur die Gläubigerinteressen vertreten.
1. der Rechtspfleger muss vor Beschlussfassung fragen ob Erklärungen zum Zuschlag abgegeben werden. Nicht nur die Gläubigerbank, gerade auch den Meistbietenden und den alten Eigentümer, falls dieser im Termin anwesend ist.
Ein nachweislicher Verstoss hiergegen ist mE anfechtbar!
2. Der Gläubiger soll durch die 7/10 und oder 5/10 Grenze geschützt werden, so sieht das ZVG es vor. Wenn wie vorliegend der Gläubiger mit Ihrem Gebot unter dem Verkehrswert aber über 7/10 nicht einverstanden ist, bleibt nur die Einstellung vor Zuschlag aber niemals ein gesonderter Verkündungstermin!
Auch dies ist anfechtbar.
3. Eine aussergerichtliche Einigung über einen anderen Preis, als das was Sie geboten haben ist NICHT möglich. Die Versteigerung ist ein staatlich hoheitlicher Akt und kein Basar. Sollte sowas erfolgen und das Gericht bekommt Kenntnis davon wäre der Zuschlag zu versagen.
Also Vorsicht keine geheimen Absprachen.

Neuling1
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Re: Meistbietender deutlich über 70% - Zuschlag ausgesetzt

Beitragvon Neuling1 » 24.01.2016, 13:11

zu 1.: Leider kann ich das nicht belegen.
zu 2.: Habe den Termin mit dem Verkündigungstermin schriftlich vom Amtsgericht erhalten. Ein Grund dafür ist nicht angegeben.

Habe jetzt überlegt den Termin abzuwarten, vielleicht wendet sich ja doch noch alles zum Guten.
Würde man den Ablauf anfechten, so würden ja erst einmal nur Kosten enstehen und sofern man Recht bekäme, nur die Auslagen (Zinsen etc.) erstattet werden, nicht aber ein Anspruch auf den Zuschlag geltend gemacht werden können. Richtig?

Addi
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Re: Meistbietender deutlich über 70% - Zuschlag ausgesetzt

Beitragvon Addi » 24.01.2016, 15:23

Zu 1:
Ja, das kann ich mir vorstellen. Im Protokoll steht es so drinn, dass diese Nachfrage durch das Gericht erfolgt ist. Da müsste schon ein weiterer Beteiligter im Termin mit aussagen, dass eine soclche Frage durch das Gericht nicht erfolgt ist....
Zu 2.
Wenn Sie bis zum Schluss im Termin anwesend gewesen sind muß der Rechtspfleger im Termin durch Beschluss verkünden, dass ein gesonderter Verkündungstermin für (Termin) angesetzt worden ist.
Das darf nicht erst im Büro gemacht werden...

Sie können sich auf der Geschäftsstelle der Zwangsversteigerungsabteilung eine Abschrift/Kopie des Terminsprotokolls aushändigen lassen, um den Ablauf zu überprüfen.....

Ja, der Verkündungstermin ist abzuwarten, Sie können dort persönlich erscheinen, ob der Zuschlag erteilt oder versagt wird. Sollte im Beschwerdeverfahren ein "formeller Fehler" festgestellt werden, kann der gerichtliche Versagungsbeschluss aufgehoben werden mit der Folge, dass Sie den Zuschlag auf Ihr Meistgebot erhalten würden.
Sollten Sie keine Beschwerde erheben, wird es nach Verfahrensfortsetzung einen neuen Termin geben, indem Sie dann wieder ganz neu mitbieten können......


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